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# taz.de -- Mordprozess gegen argentinische Militärs: 417 Opfer, 45 Angeklagte
> Fast 30 Jahre nach Ende der Diktatur hat ein zweiter großer Prozess gegen
> ihre Schergen wegen Entführung, Folter und Verschwindenlassen von
> Personen begonnen.
Bild: Das ehemalige Folterzentrum, die Mechanikerschule der Marine (Esma), ist …
BUENOS AIRES taz | In Argentinien hat ein weiterer großer Prozess gegen
Militärs wegen Verbrechen während der letzten Diktatur (1976–1983)
begonnen. Vor dem ersten Bundesgericht in der Stadt Córdoba müssen sich
seit Dienstag 45 Angeklagte wegen Entführung, Folter und Verschwindenlassen
von Personen verantworten. Verhandelt werden die Verbrechen an 417
Diktaturopfern. Ein Angeklagter hatte sich am Montag durch Selbstmord
seiner mutmaßlichen Verantwortung entzogen.
Die Taten nahmen ihren Ausgang in dem geheimen Folter- und Gefangenenlager
La Perla, rund 15 Kilometer von der Stadt Córdoba entfernt. In La Perla
verschwanden nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen rund 2.300
Menschen.
Nur 17 Menschen überlebten das Lager. Bei dem jetzt begonnenen Verfahren
sollen rund 700 Zeugen gehört werden, das Urteil wird für Ende 2013
erwartet.
Vor Gericht steht dabei erneut der ehemalige General Luciano Benjamín
Menéndez. Der heute 85-jährige Menéndez war von 1975 bis 1979 Kommandant
des 3. Heereskorps in der Provinz Córdoba. Damit war er auch verantwortlich
für alle geheimen Gefangenenlager in der Provinz. Im Juli 2008 wurde er
wegen vierfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
## Per Dekret begnadigt
Schon 1988 wurde gegen Menéndez wegen 47-fachen Mordes, 76 Fällen von
Folterungen und vierfachen Kindesraubs ermittelt. Die juristische
Aufarbeitung der Verbrechen wurde allerdings 1990 vom damaligen Präsidenten
Carlos Menem gestoppt und Menéndez per Dekret begnadigt.
Erst vor einer Woche hatte in Buenos Aires der bisher größte Prozess gegen
Militärs wegen Verbrechen der Diktatur begonnen. Dabei müssen sich 68
Angeklagte wegen Entführung, Folter und Verschwindenlassen von 798
Diktaturopfern in der Marine-Mechanikerschule ESMA verantworten.
Die ESMA diente der Marine als geheimes Gefangenen- und Folterlager in der
Hauptstadt Buenos Aires; heute ist dort eine Gedenkstätte. Beide Prozesse
wurden möglich, nachdem im Juni 2005 der Oberste Gerichtshof die Aufhebung
der Amnestiegesetze bestätigt und damit den Weg für die juristische
Aufarbeitung der Diktaturverbrechen frei gemacht hatte.
## 10.000 Menschen entführt und ermordet
Das Militär hatte am 24. März 1976 die Macht übernommen. Während der bis
1983 dauernden Diktatur wurden nach einem offiziellen Bericht über 10.000
Menschen entführt und ermordet. Menschenrechtsorganisationen sprechen von
30.000 Opfern. Darunter sind viele „Verschwundene“. Zwar besteht kein
Zweifel daran, dass sie den Militärs zum Opfer fielen, ihr genaues
Schicksal ist aber bis heute unklar.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation CELS wurde seit der Aufhebung
der Amnestiegesetze gegen insgesamt 1.943 Personen wegen
Menschenrechtsverbrechen ermittelt. 302 Angeklagte wurden inzwischen zu
teilweise hohen Haftstrafen verurteilt, 24 wurden freigesprochen.
Derzeit laufen 296 Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren. 759 Angeklagte
befinden sich in Untersuchungshaft.
4 Dec 2012
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Argentinien
Militärdiktatur
Menschenrechtsorganisation
Folterlager
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