Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Argentinien: Die Befehle kamen von ganz oben
> Das Urteil gegen Argentiniens Ex-Diktator Videla ist ein historischer
> Schritt. Hinweise über die in der Diktatur verschwundenen Kinder gab es
> im Prozess jedoch nicht.
Bild: Jorge Rafael Videla, 1978 auf dem Höhepunkt seiner Macht.
Es ist ein historisches Urteil. Zum ersten Mal wurde einer ehemaligen
Militärdiktatur per Gerichtsurteil bescheinigt, sich systematisch die in
der Haft geborenen Kinder ihrer politischen Gegner angeeignet zu haben.
Auch wenn die Richter in ihrem Spruch das Adjektiv „planmäßig“ vermieden,
ist die Feststellung der Systematik fundamental. Nicht die unteren Ränge
handelten unkontrolliert, die Befehle kamen von ganz oben.
Die Freude und Genugtuung über die Urteile prallt auf die Mauer des
Schweigens der Militärs. Knapp 30 Jahre nach dem Ende der Diktatur ist der
militärische Korpsgeist dieser Menschenrechtsverbrecher völlig intakt.
Auch dieser Prozess brachte keine neuen Hinweise auf den Verbleib der bis
heute verschwundenen Kinder, Mütter und Väter. Noch immer leben vermutlich
400 heute über 30-jährige Menschen unter einer falschen Identität bei ihren
unrechtmäßigen Adoptiveltern.
Nicht nur Exdiktator Jorge Videla sieht sich als politischen Gefangenen,
der seinen Kampf gegen die von ihm so genannten Terroristen – vorübergehend
– verloren hat und nun deren Siegerjustiz unterliegt. Es ist kein
Altersstarrsinn eines 86-Jährigen, wenn er seine Strafte als Dienst am
Vaterland begreift. Es zeigt, wie tief dieser Mann die militärische Logik
von Freund und Feind verinnerlicht hat.
Dieses Denkmuster findet sich auch bei den ehemaligen Militärmachthabern in
Chile, Uruguay, Paraguay und Brasilien. Doch in Argentinien ist der
gesellschaftliche Druck weit stärker, die Verbrechen aufzuarbeiten.
Seit über 30 Jahren marschieren und streiten die Madres und Abuelas der
Plaza de Mayo für Gerechtigkeit. Ohne den unermüdlichen Einsatz der
Menschenrechtsbewegung sowie den politischen Willen der Präsidenten Néstor
und Cristina Kirchner wäre das Urteil nicht gesprochen worden.
6 Jul 2012
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Argentinien
Argentinien
Argentinien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zum Tod des argentinischen Ex-Diktators: Bis zuletzt ohne Reue
Jorge Rafael Videla war für Entführungen, Folter und Mord verantwortlich.
Für ihn waren das keine Verbrechen, sondern Dienst am Vaterland.
Mordprozess gegen argentinische Militärs: 417 Opfer, 45 Angeklagte
Fast 30 Jahre nach Ende der Diktatur hat ein zweiter großer Prozess gegen
ihre Schergen wegen Entführung, Folter und Verschwindenlassen von Personen
begonnen.
Prozess um „Todesflüge“ in Argentinien: Piloten vor Gericht
Sie sollen politische Häftlinge unter Drogen gesetzt und ins Meer geworfen
haben: In Buenos Aires stehen 68 Beteiligte an den berüchtigten
„Todesflügen“ vor Gericht.
Argentinien 10 Jahre nach der Staatspleite: Schuldenkrise abgeschlossen
Zehn Jahre nach dem Staatsbankrott zahlt Argentinien die letzten 2,3
Milliarden Dollar seiner Schulden zurück. Für den Staat ist die Rückzahlung
auch ein Symbol.
Familie klagt gegen Film über Vorfahren: Die ehrenwerten Martínez de Hoz
Mit einer Klage versucht eine argentinische Familie einen Film über ihre
Vorfahren zu verhindern. Es geht um die Vernichtung der Urbevölkerung.
Urteile gegen Argentiens Ex-Diktatoren: Enkel 101
Argentiniens Ex-Diktatoren Jorge Videla und Reynaldo Bignone sind erneut zu
langen Haftstrafen verurteilt worden. Diesmal ging es um die geraubten
Kinder Oppositioneller.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.