| # taz.de -- Lothar Matthäus über Nahost-Fußball: „Ich bin eine Art Israel-… | |
| > Der Rekordnationalspieler begleitet den DFB-Tross zum U18-Turnier nach | |
| > Israel. Die Reise habe „etwas Politisches“, sagt Matthäus. | |
| Bild: Gelernter Raumausstatter aus Herzogenaurach: Lothar Matthäus | |
| taz: Herr Matthäus, ausgerechnet in diesen unruhigen Wochen im Nahen Osten | |
| fliegen Sie nach Israel. Haben Sie eigentlich überhaupt keine Angst? | |
| Lothar Matthäus: Nein, ganz und gar nicht. Erstens hat sich die Lage dort | |
| beruhigt und zweitens habe ich das alles schon durchgemacht. Beim Gazakrieg | |
| im Winter 2008/2009 war ich Trainer bei Maccabi Netanya und bin auch dort | |
| geblieben. | |
| Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit? | |
| Beim Beschuss Israels machte die Liga Pause. Danach wurden noch einige | |
| Spiele im Norden Tel Avivs ausgetragen. Also außerhalb der Reichweite der | |
| von Gaza abgeschossenen Raketen. Dann beruhigte sich die Lage und alles war | |
| wieder wie vorher. | |
| Ihnen wurde vom damaligen Vereinspräsidenten Daniel Jammer nahegelegt, | |
| wegen der angespannten Sicherheitslage nicht aus Ihrem Weihnachtsurlaub in | |
| Deutschland zurückzukehren. Sie taten es dennoch. Warum eigentlich? | |
| Ich fand das Angebot von Maccabi Netanya wirklich sehr fürsorglich. Aber | |
| ich war fest davon überzeugt, dass ich in Israel sicher aufgehoben bin. | |
| Zumindest dort, wo ich wohnte und arbeitete, nämlich in Netanya. Außerdem | |
| wollte ich mit dem Klub unbedingt die Meisterschaft gewinnen. Wir waren ja | |
| zur Halbserie ziemlich nahe dran an der Spitze. | |
| Am Ende reichte es dann dennoch nicht. Und nach Abschluss der Saison | |
| mussten Sie im Sommer 2009 den Klub nach nur einem Jahr wieder verlassen. | |
| Woran lag es? | |
| Vor allem daran, dass der Klubbesitzer nicht mehr zahlen konnte. Die | |
| Wirtschaftskrise ging ja auch nicht an Israel vorbei. | |
| Trübt das Ihr Israelbild ein wenig ein? | |
| Nein, überhaupt nicht. Israel ist eindeutig mein Lieblingsland. Ich fühle | |
| mich dort ausgesprochen wohl und fahre jedes Jahr dorthin in den Urlaub. | |
| Gibt es eigentlich überhaupt eine schlechte Erfahrung, die sie im „Heiligen | |
| Land“ machten? Es lief dort für Sie alles so ungewöhnlich skandalfrei. | |
| Die israelischen Schiedsrichter hatten eindeutig etwas gegen mich. Sie | |
| schickten mich andauernd auf die Tribüne. Ich weiß bis heute nicht, warum. | |
| Selbst die Israelis können mir das nicht erklären. Es bleibt ein Rätsel. | |
| Jetzt begleiten Sie als offizielles Mitglied der DFB-Delegation die | |
| U18-Nationalmannschaft nach Israel zu einem Vier-Länder-Turnier. Wie kommt | |
| das? | |
| Die Delegation wird vom DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach angeführt. Es | |
| ist sein offizieller Antrittsbesuch in dieser Position in Israel. Wir beide | |
| kennen und schätzen uns schon lange. Spätestens seit dem WM-Sieg 1990 in | |
| Rom, wo ich Spielführer war und Wolfgang Niersbach DFB-Pressechef. Zudem | |
| bin ich für den DFB jetzt eine Art Israel-Fachmann. Das kann bei so einer | |
| Reise helfen. | |
| Was raten Sie den jungen Spielern auf diesem Turnier? | |
| Erst mal richtig gut zu spielen und dabei internationale Erfahrung zu | |
| sammeln. Aber ein Turnier in Israel ist immer eine besondere Reise. Sie hat | |
| etwas Politisches und gibt gerade einem deutschen Spieler ein ganz | |
| spezielles Gefühl. Ich kenne das. Wir werden mit dem Nachwuchs deshalb auch | |
| die Gedenkstätte Jad Vaschem und die heiligen Stätten in Jerusalem | |
| besuchen. Das ist wirklich sehr beeindruckend und hoffentlich prägend für | |
| die U18-Kicker. | |
| Ein Wort zum israelischen Fußball. | |
| Er ist viel besser als sein Ruf und mindestens genauso gut, wenn nicht | |
| sogar besser als beispielsweise der österreichische Fußball. Das haben die | |
| Champions-League-Qualifikationsspiele der jeweiligen Meister gegeneinander | |
| deutlich bewiesen. Aber es fehlen die geordneten Strukturen in Israel. Und | |
| die Medien tun dem Sport dort auch nicht gut. Da hat doch jeder Spieler | |
| seinen eigenen Journalisten. | |
| Derzeit sind Sie mal wieder ohne Trainerjob. Sie könnten die Israelreise | |
| auch dazu nutzen, Werbung in eigener Sache zu machen. | |
| Das ist nicht meine Aufgabe. Ich würde allerdings sofort israelischer | |
| Nationaltrainer werden, wenn ich das Angebot vom Verband bekommen würde. | |
| Aber die haben ja aktuell mit Eli Guttman einen richtig guten. | |
| Dann also doch der Versuch, endlich in der Bundesliga zu landen? | |
| Gerne, aber das wird wohl ziemlich schwierig. | |
| 7 Dec 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Torsten Haselbauer | |
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