# taz.de -- Datenschutz bei elektronischen Büchern: Wenn das E-Book schnüffelt | |
> Die Netzbürgerrechtsorganisation EFF hat überprüft, was Amazon, Google | |
> und Co. von Lesern elektronischer Bücher speichern. Deren Neugier scheint | |
> groß zu sein. | |
Bild: Anonymität des Lesers: Der traditionelle Bibliotheksbesuch ist deutlich … | |
Bücher aus Papier sind, wenn man sie einmal mit dem Internet vergleicht, | |
ein Hort der Privatsphäre. Kein Fremder käme auf die Idee mitzuspeichern, | |
welche Kapitel ein Schmökerfreund genau liest, was sie oder er lieber | |
überblättert und welche Stellen man anstreicht. Bei diesem vollanalogen | |
Medium konnte sich der „Nutzer“ bislang höchstens bei der Titelauswahl | |
durch die Einkaufsliste beim Buchhändler oder das Ausleihverzeichnis der | |
Bibliothek verraten – die Lektüre selbst blieb fremden Augen verborgen. | |
Dieser Form des kuscheligen Print-Datenschutzes droht nun ein jähes Ende: | |
E-Books, das digitale Äquivalent zum Gedruckten, werden zu einem ähnlich | |
nachverfolgbaren Medium, wie es das Web längst ist. | |
Das zeigt eine | |
[1][https://www.eff.org/pages/reader-privacy-chart-2012][2][neue | |
Untersuchung], die die amerikanische Sektion der | |
Netzbürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) nun | |
vorgelegt hat. Sie vergleicht, welcher Geräte- und Diensteanbieter welche | |
Daten – laut Geschäftsbedingungen – mitspeichern darf oder kann. Und das | |
ist eine ganze Menge. | |
„In nahezu allen Fällen gibt man beim Lesen von E-Books mehr von seiner | |
Privatsphäre auf, als wenn man in einer Bibliothek oder einem physischen | |
Buchladen nach Lesenswertem stöbert oder ein Papierbuch zuhause liest“, | |
schreiben die Macher. Hinzu kommt, dass die Anbieter sich nahezu ohne | |
Ausnahme hinter kaum zu verstehenden AGB-Paragraphen verstecken. | |
## „Vage und langatmige Antworten“ | |
„Die Antworten auf häufige Datenschutzfragen sind in vielen Fällen | |
frustrierend vage und langatmig.“ Insgesamt sieben E-Book-Läden mit | |
amerikanischer Präsenz von Amazon bis Google, das [3][Internet Archive] und | |
den von diversen weiteren Anbietern verwendeten [4][Adobe Content Server] | |
nahm sich die EFF vor. | |
Zu den untersuchten Punkten gehörte die Frage, ob Suchanfragen nach Büchern | |
und Einkäufe gespeichert werden, ob das Lesen nachverfolgt wird und ob es | |
möglich ist, einmal gespeicherte Daten wieder löschen zu lassen. Die | |
Antworten auf diese Fragen sind auch deshalb wichtig, weil das | |
E-Book-Geschäft nach wie vor massiv boomt: So besitzt von fünf Amerikanern | |
mittlerweile einer ein passendes Lesegerät, in Deutschland wächst die | |
Nutzerzahl ähnlich flott. Aus der Studie ergibt sich, dass mindestens fünf | |
Dienste Suchanfragen speichern. | |
Das Ablegen der Einkaufsliste gehört ebenfalls zum guten Ton. Das Zusehen | |
beim Schmökern wird jeweils nur vage definiert. Amazon Kindle, Kobo und | |
Google Books speichern mindestens die letzte Seite, die man gelesen hat, | |
Google Books sogar deren fünf – plus die Werke, die man im Web betrachtet | |
hat. | |
## Beim Löschen sieht es finster aus | |
Bei Sony ist aus den Datenschutzbedingungen nicht ersichtlich, ob und was | |
gespeichert ist, ebensowenig beim Barnes & Noble Nook, den es mittlerweile | |
auch in Europa gibt. Beim Löschen sieht es ganz finster aus: Nur Anbieter | |
Kobo erlaubt das schnelle Ändern persönlicher Informationen, konkurrierende | |
Dienste lassen schon mal frühere Versionen auf dem Server liegen. | |
Die Datenweitergabe für Marketing- und Werbezwecke ist ein weiteres | |
Problem: Bei allen E-Book-Verkäufern bis auf Google und Adobe Content | |
Server muss ein explizites „Opt-Out“ an den Anbieter übermittelt werden, | |
damit das nicht passiert. Teilweise wird aber zum Glück nur mit | |
aggregierten Daten gearbeitet: also mit Informationen ganzer Nutzergruppen. | |
Google teilt Infos auch mit seinen anderen Diensten, wie dies mittlerweile | |
bei vielen Angeboten des Suchriesen der Fall ist. Natürlich behalten sich | |
die Firmen auch vor, Leserdaten an Ermittlungsbehörden weiterzureichen. | |
Und wer beispielsweise bei Kobo oder Sony ein Magazinabo geschlossen hat, | |
muss damit rechnen, dass seine Daten auch bei dem jeweiligen Verlag landen. | |
Ein weiteres Ärgernis, das die EFF-Untersuchung herausstellt, ist die | |
fehlende Kompatibilität zwischen den Plattformen. So lässt sich | |
beispielsweise Amazons hauseigenes „AZW“-Kopierschutzformat nicht auf | |
andere Geräte übertragen, im Gegenzug beherrschen die Kindles standardmäßig | |
den sonst so beliebten „EPUB“-Standard nicht. | |
11 Dec 2012 | |
## LINKS | |
[1] https://www.eff.org/pages/reader-privacy-chart-2012 | |
[2] http://www.eff.org/pages/reader-privacy-chart-2012 | |
[3] http://archive.org/index.php | |
[4] http://www.adobe.com/products/content-server.html | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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