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# taz.de -- Amazons Geschäftsmodell: Kindle mit Nassrasierer-Strategie
> Der E-Commerce-Riese Amazon verdient mit seinen E-Book-Readern und
> Tablets kaum. Stattdessen will Firmenchef Jeff Bezos mit Inhalten Gewinne
> machen.
Bild: Risikoreicher Ansatz: Amazon-Chef Bezos will mit dem Kindle langfristig G…
Als Amazon-Chef Jeff Bezos vor gut einer Woche den internationalen Rollout
seiner jüngsten E-Book-Lesegeräte verkündete, machte er auch bei der
britischen BBC Station. Das dabei entstandene [1][//:Interview] ließ die
IT-Branche aufhorchen.
Bezos, als Frohnatur bekannt, räumte freimütig ein, dass der
E-Commerce-Konzern Geräte wie den neuen Reader Kindle Paperwhite oder das
Tablet Kindle Fire HD „zum Selbstkostenpreis“ („at our cost“) verkaufe.
„Dementsprechend arbeiten wir kostendeckend.“ Schon im Vormonat bei der
großen [2][Vorstellung der neuen Geräte] für den US-Markt hatte Bezos etwas
Ähnliches angedeutet: Damals sagte er, Amazon wolle nur etwas verdienen,
„wenn die Leute unsere Geräte benutzen, nicht wenn sie sie kaufen“.
Die Strategie, die das Unternehmen fährt, ist simpel: Amazon macht es wie
beim Nassrasierer. Dort läuft es bereits seit über 100 Jahren so. Die
„Hardware“, also der Rasierer selbst, wird vergleichsweise billig
abgegeben, um die Kundschaft zu locken. Die „Software“, also die
Rasierklingen, lässt man sich dagegen gut bezahlen - und da die ständig
ausgetauscht werden müssen, entwickelte sich ein Bombengeschäft.
Die Software ist bei der Kindle-Produktlinie das Inhaltematerial, das
Amazon anbietet. Da wäre zum einen die, zumindest auf dem US-Markt,
mittlerweile größte E-Book-Bibliothek, wo man Bestseller-Bücher für 10 bis
15 Dollar erhält. Dann verkauft Amazon auch noch erfolgreich MP3-Dateien
und versucht sich im Handel mit digitalen Filmen und Serien.
## Gegenmodell zu Apple
Außerdem gibt es eine Videoflatrate in den USA: Für 75 Dollar im Jahr
erhält man im Shop bestellte Produkte nicht nur schneller und stets
kostenlos, sondern darf sich per „Amazon Instant“ auch noch in einer
wachsenden Filmbibliothek sattsehen und kostenlos E-Books ausleihen.
Amazon setzt auf ein ganz anderes Modell als Konkurrent Apple. Dort werden
mit jedem verkauften Stück Hardware, sei es nun ein iPhone oder ein iPad
oder ein Mac-Rechner, dicke Gewinne mit einer unternehmensweiten Marge von
25 Prozent (Juni 2012) und mehr gemacht. Aber etwa im E-Book-Sektor ist
Apple hinten.
Risikolos ist Amazons Ansatz, den Markt mit billiger Hardware zu
übernehmen, nicht. So verdiente der Konzern im letzten gemeldeten Quartal
bei einem Umsatz von 12,83 Milliarden Dollar nur noch schlappe 7 Millionen
- die Investitionen fraßen den Gewinn auf. Und auch der groß angekündigte
Einstieg ins Buchgeschäft, wo Amazon unter verschiedenen Imprints selbst
zum Verleger wird, läuft nicht recht rund.
So zahlte der Konzern einen Vorschuss von 800.000 Dollar für die Biografie
der US-Schauspielerin und Regisseurin Penny Marshall („Big“, „Jumpin' Jack
Flash“). [3][Das Werk] soll sich gedruckt in den ersten vier Wochen nur
7000 Mal verkauft haben, weil große Buchhandlungen und Supermärkte wie
Barnes & Noble oder Walmart den Titel nicht führen - sie fürchten, von
Amazon überrollt zu werden.
## Gutes tun, das sich nur auf den ersten Blick nicht rechnet
Trotzdem darf man Jeff Bezos nicht unterschätzen. Er schaffte es in seiner
Laufbahn als Amazon-Boss seit 1994 immer wieder, der Kundschaft Gutes zu
tun, das sich auf den ersten Blick nicht rechnete - beispielsweise schon
sehr früh kostenlosen Buchversand.
Doch das schnelle Wachstum gab ihm recht: Mittlerweile ist das Unternehmen
der größte E-Commerce-Anbieter in den westlichen Industrieländern mit einem
Angebot, in dem vom Kleidungsstück bis zur Tomatensauce fast nichts mehr
fehlt. Da der Trend bei Medienprodukten, die Amazon traditionell nach vorne
brachten, zur Digitalisierung geht, wollte sich der Konzern auch hier nicht
die Butter vom Brot nehmen.
Resultat war der E-Book-Reader Kindle, der mittlerweile seit fünf Jahren in
zahllosen Versionen auf dem Markt ist - und das Tablet Kindle Fire, das im
wichtigen US-Markt als einziger iPad-Konkurrent gilt, dem Branchenvertreter
eine Chance einräumen. Und trotz aller Investitionen bleiben dann doch
stets gute Gewinne hängen - wenn nicht heute, dann morgen.
21 Oct 2012
## LINKS
[1] http://onlinetaz.hal.taz.de/http
[2] http://www.youtube.com/watch?v=VYi1jZXz9Kg
[3] http://professional.wsj.com/article/SB1000087239639044459270457806263167811…
## AUTOREN
Ben Schwan
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