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# taz.de -- Erster „Pflege-Bahr“ wird angeboten: Wette auf die Gebrechlichk…
> Die erste Police der staatlich geförderten zusätzlichen
> Pflegeversicherung „Pflege-Bahr“ ist auf dem Markt. Doch sie lohnt sich
> nicht mal für die Mittelschicht.
Bild: Bei vielen Menschen ist unklar, ob der „Pflege-Bahr“ überhaupt sinnv…
BERLIN taz | Der Barmenia-Konzern wagt sich als Erster aus der Deckung und
schon zeigen sich die Grenzen des neuen Produkts. Bei dem Konzern kann man
ab sofort den „Pflege-Bahr“ abschließen, die mit fünf Euro im Monat
geförderte staatliche Pflegezusatzversicherung.
Für die neue Zusatzversicherung muss man keine Gesundheitsfragen
beantworten, etwa nach Vorerkrankungen, Psychotherapien, chronischen
Leiden. Viele AntragstellerInnen werden aufgrund von Vorerkrankungen von
privaten Pflegezusatzversicherungen abgelehnt. Doch unter anderem auch
wegen der speziellen Risikokalkulation des „Pflege-Bahr“ „ist dieser nur
für bestimmte Bevölkerungsgruppen interessant“, sagt Thorsten Rudnik vom
Vorstand des Bundes der Versicherten der taz.
Die Leistungen aus der Zusatzversicherung werden im Pflegefall zusätzlich
zu den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung gezahlt. Beim
„Pflege-Bahr“ der Barmenia ist die Höhe des zusätzlichen Pflegemonatsgeld…
auf 600 Euro in der Pflegestufe III, 360 Euro in der Pflegestufe II und 180
Euro in der Pflegestufe I beschränkt. Das ist zu wenig, um die
tatsächlichen privaten Kosten auszugleichen, die neben den gesetzlichen
Leistungen aus der Pflegeversicherung anfallen, wenn jemand gebrechlich
wird. Wer etwa im Pflegeheim leben muss und die Pflegestufe II hat, kann
leicht auf einen privaten Eigenanteil von 1.800 Euro im Monat kommen.
Die Versicherungsleistungen stellen daher nur eine kleine Entlastung dar,
und zwar vor allem für die Mittelschicht. Denn spätere Kleinrentner oder
Empfänger von Grundsicherung, die die Zusatzkosten für die Pflege nicht
aufbringen können und auf das Sozialamt angewiesen sind, haben auch nichts
vom „Pflege-Bahr“. Dessen Leistungen werden auf das Geld vom Sozialamt
angerechnet.
## Nicht besonders billig
Ob sich der „Pflege-Bahr“ für Gesunde lohnt, die andere Policen erwerben
könnten, ist umstritten. „Für diese Menschen könnte eine normale
Pflegezusatzversicherung unter Umständen günstiger sein“, sagt Rudnik. Denn
da auch chronisch Kranke die neue Zusatzversicherung abschließen können,
ist der Tarif nicht besonders billig. Eine 56-Jährige, die bei der Barmenia
die neue Förderpflege abschließt, zahlt einen monatlichen Beitrag in Höhe
von knapp 28 Euro, hinzu kommt die staatliche Förderung von fünf Euro, das
ergibt eine Prämie von knapp 33 Euro.
Eine ungeförderte Versicherung mit Gesundheitsprüfung von günstigen
Anbietern kostet etwas mehr als 28 Euro, ohne dass aber wie bei der
Barmenia-Police eine Wartezeit von fünf Jahren einzuhalten ist. Der
„Pflege-Bahr“ lohnt sich daher als Entlastung vor allem für Leute mit einem
höheren Pflegerisiko und mittelschichtigem Vermögen. Allerdings muss man
auch hier nüchtern rechnen: Wer 20 Jahre lang in die Zusatzversicherung
eingezahlt hat, bekommt danach in einer Pflegephase von zwei Jahren
vielleicht kaum mehr heraus als die eingezahlte Beitragssumme.
Rund 90 Millionen Euro an Steuergeldern sind für die staatliche Förderung
von 1,5 Millionen Pflege-Bahr-Verträgen veranschlagt. Die
Versicherungskonzerne dürften einen Teil der Förderung für die neue Police
abschöpfen. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum man der privaten
Versicherung ein solches Geschenk macht“, sagt Rudnik. „Es wäre sinnvoller
gewesen, das Geld in die gesetzliche Pflegeversicherung zu stecken.“
18 Dec 2012
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
Barbara Dribbusch
## TAGS
Mittelschicht
Pflege
Daniel Bahr
Pflege
Studie
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