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# taz.de -- Britisches Copyrightreförmchen: Ein bisschen Friede
> Kurz vor Weihnachten hat die britische Regierung eine kleine Reform des
> Copyright-Gesetzes angekündigt – bisher eines der restriktivsten
> Urheberrechtsregime.
Bild: Kopierer – Aber nur für den Privatgebrauch!
BERLIN taz | Die britischen Inseln sind nicht nur die Heimat von Beatles,
Take That und Chumbawamba, sondern auch die des Copyrights moderner
Prägung: 1710 erließ die damalige Herrscherin des frischgegründeten
Königreichs Großbritanniens Anne das „Statue of Anne“ – einen Urahnen d…
meisten modernen Urheberrechtsschutzgesetze.
Gut 300 Jahre später muss sich die britische Regierung immer noch mit der
Frage, wer wann was wie kopieren und verwenden darf herumschlagen – und hat
nun eine Lockerung des Urheberrechts angekündigt. Der Kern des Vorhabens
ist die Einführung eines Rechts auf digitale Privatkopien für den
Eigengebrauch.
Künftig sollen die Briten legal erworbene digitale Werke wie e-Books, DVDs
und MP3s kopieren dürfen, ohne dass sie sich eines Vergehens schuldig
machen, kündigte das „Amt für Geistiges Eigentum“ (Intellectual Property
Office) an. Zudem wird es künftig auch Ausnahmen vom Copyright für Parodien
und zur Nutzung von Werkausschnitten in digitalen Klassenzimmern geben.
„Wie für andere Eigentumsrechte müssen auch der Rechtsordnung für das
Urheberrecht vernünftige Grenzen gesetzt werden“, heißt es in der
Ankündigung der britischen Regierung.
## Widerstand von Künstlerverbänden
Naturgemäß sehen das nicht alle vom Reformvorhaben betroffenen Akteure
genauso: so beschwerten sich Künstlerverbände, die nun geplante Einführung
einer Urheberrechtsschranke, die die digitale Privatkopie in dem nun
vorgestellten engen Rahmen erlaubt, würde zu Einbußen führen und dem
Kreativwirtschaftssstandort Großbritannien großen Schaden zufügen. Zwar sei
die Ausnahme notwendig „um das Recht mit dem Verbraucherverhalten in
Einklang zu bringen“, gestand John Smith, Generalsekretär der Musicians
Union, ein. Doch „der Mangel an einem fairem Ausgleich wird Künstler und
Kreative in Vergleich zum Großteil ihrer EU-Kollegen benachteiligen.“
Smiths Kritik zielt darauf ab, dass in den meisten europäischen Ländern
Ausnahmen für Privatkopien zwar erlaubt sind, doch die
Verwertungsgesellschaften der Künstler bekommen bei jedem verkauften
Speichermedium, ob USB-Stick, Festplatte oder eben MP3-Player mit
eingebautem Speicher eine finanzielle Entschädigung. Deren angemessene
Höhen sind zwar umstritten und die Privatkopieschranke in Deutschland
erlaubt auch mehr, als die nun anstehende Britische Rechtsanpassungen. Aber
dass die britischen Künstler sich ein derartiges System wünschen, liegt auf
der Hand: dem Verband nach würden die meisten britischen Musiker weniger
als 20.000 britische Pfund (etwa 25.000 EUR) im Jahr bekommen, was im
teuren Inselreich kaum zum Leben reicht.
Die Regierung lehnt derartige Leermedienabgaben ab, da die
Copyright-Ausnahme zur Privatkopie ja eben enger gefasst sei als in den
meisten anderen Staaten und nur für den Eigengebrauch gelte.
## Kopie vom Hersteller
Einige Kreativwirtschaftsunternehmen schlagen noch schärfere Töne an,
sprechen von „radikalen Veränderungen des Copyrights“, von der „Gefahr,
dass man es zu weit treiben würde, die Grundrechte der Kreativen
zurückzuschneiden“. „Alarmistisches Wutgeheul“ sei dies, so Peter Bradwe…
von der britischen „Open Rights Group“. Die Reform sei ein überfälliger
Schritt des konservativ-liberalen Kabinetts gewesen, Großbritannien habe an
einigen Stellen hinterhergehinkt. Doch er sieht auch noch Klärungsbedarf:
so sieht die britische Version eines Rechts auf Privatkopie vor, dass wenn
ein Inhalt kopiergeschützt ist, vom Hersteller eine Kopie verlangt werden
darf.
Wie genau das in Zeiten von Cloud-Diensten praktiziert werden soll, wenn
immer mehr Inhalte gar nicht mehr lokal beim Endnutzer liegen, sondern auf
verteilten Speichersystemen und damit oft nur beim Hersteller oder
Anbieter, istungeklärt – das Urheberrecht wird auch in Großbritannien nur
vorläufig ein bisschen friedlichere Zeiten erleben.
23 Dec 2012
## AUTOREN
Falk Lüke
## TAGS
Schwerpunkt Urheberrecht
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