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# taz.de -- Bremer Sparansätze: Weniger Reviere, weniger Klos
> Wegen mangelnder Nachfrage sind in Bremen seit dem 1. Januar Toiletten
> und Polizeireviere geschlossen. Ansonsten ist 2013 vieles teurer - auch
> die Eisenbahn.
Bild: Auch das Schlafen ist seit zwei Tagen teurer - wenn man Tourist ist.
Unisex-Tarife bei Versicherungen, Schornsteinfeger-Monopol abgeschafft,
Rundfunkgebühren nur noch pro Haushalt – das sind bundesweite Regelungen.
Doch was ändert sich 2013 nur in Bremen? Alles wird teurer.
Wirklich alles? Nein. Für den Toilettengang in der Öffentlichkeit sind nun
schnell mal 50 Cent gespart – denn 15 der 17 öffentlichen Klohäuschen der
Stadt wurden mit dem Jahreswechsel geschlossen. Stattdessen öffnen bislang
83 Gaststätten ihre stillen Örtchen, im Rahmen der Aktion „Nette Toilette�…
Die Läden bekommen 50 bis 100 Euro im Monat, zusätzlich stehen jährlich bis
zu 75.000 Euro an Zuschüssen zur Verfügung – für Umbauten zwecks
Barrierefreiheit oder Wickelraum. Dabei spart Bremen noch 250.000 Euro im
Jahr, denn die Klo-Container wurden selten genutzt und kosteten die Stadt
pro Stuhlgang bis zu 10 Euro. Also eine Win-Win-Situation beim großen
Geschäft.
Und sonst? Sieht’s nicht so rosig aus. Teurer wird zum Beispiel Bremens
Eisenbahn. Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat das Land eine eigene: die
Hafeneisenbahn. 230 Kilometer Schiene verbinden die Kajenmauern mit dem
Netz der Deutschen Bahn. Lange zahlten die Umschlagsunternehmen dafür eine
Pauschale. Manch ein Zug wurde da allerdings zu einem Lager auf der Schiene
und blockierte den Verkehr, wie gerade erst wieder zu den Feiertagen, wenn
die Werke am Ende der Transportkette stillstehen. Deshalb wird jetzt
stundenweise abgerechnet. Und die Preise für die Ein- und Ausfahrt-Gleise
ab einer Nutzung von über drei Stunden haben sich erhöht, pro Stunde um
etwa 15 Euro. Billiger ist ein Monat auf dem Abstellgleis: Der bleibt
pauschal bei 1.000 Euro.
Apropos Schiene: Auch die Fahrt mit der BSAG wird teurer, bei normalen
Tickets um 5 Cent. Auch Monats- und Jahrestickets steigen im Preis. Schuld
sind laut Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen gestiegene Personal- und
Energiepreise. Ein zwei Tage alter Hut für Kunden der SWB, deren Strompreis
sich um 13 Prozent und Gas um fast vier Prozent erhöht.
Da können Kleinkind-Eltern fast glücklich sein: Zum 1. Januar stiegen die
Kita-Gebühren um durchschnittlich etwa zehn Prozent – zum ersten Mal seit
2006. Für Zahler des Mindestbeitrags bleibt alles beim Alten. Nur über den
bisherigen Höchstsatz sind für Noch-Besserverdienende fünf Beitragsstufen
hinzugekommen.
Dass die Stadt knapp bei Kasse ist, merken auch die Einbrecher und Räuber
in Oslebshausen und Findorff. Seit zwei Tagen sind dort die Polizeireviere
dicht. Gestehen können Verbrecher nur noch täglich zwischen zehn und 12 Uhr
bei den Kontaktpolizisten. Donnerstags auch von 15 bis 17 Uhr. Dafür
bleiben sie dann aber auch in Bremen, sollten sie zu einer lebenslänglichen
Haftstrafe verurteilt werden. Früher hätten sie ihre Strafe in
Niedersachsen abgesessen. Solcher Gefangenen-Austauch bleibt nach einer
Verwaltungsvereinbarung beider Länder nun die Ausnahme und wird neuerdings
auch in Euro abgerechnet. Bremen veranschlagt 2013 dafür zwei Millionen
Euro, die 2013 an Niedersachsen gezahlt werden müssen, pro Tag und Pritsche
kostet ein Gefangener mindestens 100 Euro. Allerdings ohne Bettensteuer,
Sträflinge übernachten da ja nicht zum Vergnügen.
Anders als Touristen, die trotz des erbitterten Widerstands der Hoteliers
je nach Zellen- beziehungsweise Zimmergröße ein bis drei Euro pro Nacht an
Kurtaxe zahlen – außer sie sind Geschäftsleute. Wie die Hoteliers das aus
ihren Gästen herausbekommen sollen, ist auch ihnen noch ein Rätsel. Der
Senat zumindest hofft auf Einnahmen von 1,4 Millionen Euro im Jahr.
Sozialhilfe-Empfängern hingegen bekommen zwei Prozent mehr, bei
Alleinstehenden steigt der Satz um acht Euro auf 382 Euro. Für sie ist die
Bettensteuer also kein Problem.
Fliehen und als Tourist ankommen wird man in Bremen übrigens auch weiterhin
vornehmlich mit der Deutschen Bahn. Nachdem bundesweit das Monopol für
Fernreisen endete, könnten private Busunternehmen zwar die aberwitzigsten
Fernreise-Strecken anbieten, die Städtereise Bremen-Bautzen-Brotterode
etwa. Ein Wagnis aber, für das sich bislang kein Unternehmen fand.
2 Jan 2013
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Toilette
Kita
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