# taz.de -- Neue Unterhaltungsdoku auf ZDFneo: Lebenshilfe für Turnschuhträger | |
> ZDFneo startet mit „Wie werd ich ?“ ein kindlich-lehrreiches | |
> Doku-Unterhaltungsformat. Zielgruppe sind alle, die nie, nie, nie so | |
> richtig erwachsen werden wollen. | |
Bild: Die zwei Moderatoren Lutz van der Horst aus der „heute-show“ und Chri… | |
Eine junge Frau und ein nicht mehr ganz so junger Mann stehen auf dem | |
weiten Feld des Flughafens Tempelhof und spielen Freiluftschach. Sie | |
gewinnt, er sagt, er habe sie trotzdem lieb. Sie setzt sich mit Spielkarten | |
in die Sauna, er lässt sich Elektroschocks geben. Sie soll einen IQ von 145 | |
haben, er heißt tatsächlich Horst: das Moderatorenpaar der neuen | |
ZDFneo-Reihe „Wie werd’ ich...?“. | |
Lutz van der Horst, den man aus dem Nachrichtencomedy-Format „heute-show“ | |
kennen kann, ist ein Typ, der einen seiner Gesprächspartner möglicherweise | |
auswählte, weil dieser Horst Lutz heißt und beide das so lustig finden. | |
Seine Moderationspartnerin Christiane Stenger verdankt ihrem IQ den | |
mehrfachen Sieg bei den Junioren-Gedächtnis-Weltmeisterschaften. Wer hat | |
diese beiden Menschen zusammengebracht? | |
Der Sender ZDFneo war es – der versteht sich als „öffentlich-rechtliche | |
Programmalternative für 25- bis 49-Jährige“ und ist damit nach Maßstäben | |
des vergreisten Muttersenders ZDF ein Jugendkanal. ZDFneo will gern komisch | |
sein, muss aber auf irgendwie erbauliche Weise wertvoll und lehrreich sein, | |
irgendwo dahin geht der öffentlich-rechtliche Programmauftrag. | |
Der durchschnittliche ZDF-Zuschauer hat Komik bei Heinz Erhardt und Peter | |
Frankenfeld gelernt. Der von ZDFneo umworbene Zuschauer hingegen ist mit | |
dem „feuerroten Spielmobil“ und „Löwenzahn“ aufgewachsen und hat Komik… | |
Hape Kerkeling und Olli Dittrich gelernt. | |
## Humorvolle Lebenshilfe | |
Das also ist die Ausgangslage, müssen sich die Programmgestalter bei ZDFneo | |
gedacht haben, als sie „Wie werd’ ich …?“ konzipierten, „eine humorvo… | |
Lebenshilfe mit zwei neugierigen und kreativen Präsentatoren“. Zielgruppe: | |
eine Generation, deren Vertreter bekanntlich nicht erwachsen werden wollen | |
und noch Jahre nach Abschluss der Pubertät in Shorts und Turnschuhen durchs | |
Leben gehen. | |
Diese bis zu 49 Jahre alten Berufsjugendlichen, so das Kalkül, sollten sich | |
durch eine an Peter Lustig und Ralph Caspers geschulte pseudonaive | |
Grundhaltung angesprochen fühlen. Gleichwohl treiben sie heute nicht mehr | |
die gleichen Kinderfragen um wie noch vor 30 oder 40 Jahren (Warum ist der | |
Himmel blau, das Meerwasser auch? Warum die Banane krumm?). | |
Heute lauten die Fragen: Wie werde ich schlanker? Wie werde ich ein guter | |
Liebhaber? Wie werde ich Hausbesitzer? Wie werde ich stylisher? Oder | |
einfach: Wie werde ich effektiv? In neun Folgen gehen Stenger und van der | |
Horst diesen und weiteren Fragen nach. Er wird fürs Fernsehen onanieren, | |
sie wird die Wirkung von Sperma prüfen, alles im Dienste der Aufklärung der | |
lebenslang pubertierenden Zuschauer, versteht sich. | |
In der ersten Sendung geht es noch jugendfrei ums Genialerwerden. Zum | |
Beispiel so genial wie Orlando Serrell. Der wurde als Kind von einem | |
Baseball getroffen und kann seither von jedem beliebigen Datum sagen, um | |
welchen Wochentag es sich handelt. Genialität, wie sie hier verstanden | |
wird, kann offenbar ziemlich zweckfrei sein. | |
So atmet die Sendung den Geist des humboldtschen Bildungsideals, und auch | |
die größte Albernheit erscheint in milderem Licht. Denn ja: Jugendlich ist | |
das Format natürlich auf eine sehr angestrengte, wenn nicht penetrante | |
Weise. Aber nein: Es ist damit lange nicht so infantil wie der größte Teil | |
des ZDF-Hauptprogramms. | |
## „Wie werd´ich?“, Start Donnerstag, 3. Januar, 21 Uhr auf ZFDneo. | |
3 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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