Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „natelight“ bei ZDFneo: Ein Witz war gut
> Am Donnerstag startete „natelight“ auf dem ehemaligen Sendeplatz von Joko
> und Klaas. Die Show ist so uninspiriert wie ihr Titel.
Bild: Freut sich auch über alte Witze: Philip Simon.
Moderator Philip Simon passiert so ziemlich genau ein guter Witz, und der
leider auch nur zufällig. „Schauen Sie bei Twitter und Facebook und im Netz
unter latenight.de“, absolviert er brav die öffentlich-rechtliche
Pflichtübung zum Thema Interaktivität mit dem Zuschauer. Nur heißt Simons
Kreuzung aus Stand-up-Comedy und Late-Night-Talk, die gestern Abend auf
ZDFneo Premiere hatte, eben nicht latenight, sondern – ja, tatsächlich –
„natelight“.
Ein bisschen edgy, hey, so ein wilder Buchstabendreher, immerhin ist man
hier in der gebührenfinanzierten digitalen Sparte. Und die gilt spätestens
seit den – mittlerweile unter anderem Label zu Pro Sieben abgewanderten
beziehungsweise eingestellten – Anarcho-Talks „[1][neoParadise]“ und
„[2][Roche und Böhmermann]“ als durchaus gesellschaftsfähig beim vom
digitalen ZDF anvisierten jungen Publikum.
Das könnte sich auch durchaus wieder ändern. Zumindest „natelight“ ist so
uninspiriert wie es der Sendungstitel vermuten lässt. Da zeigt Simon beim
anfänglichen Stand-up-Stadl ein Foto der Zschäpe-Anwälte Wolfgang Stahl,
Wolfgang Heer und Anja Sturm und lacht sich allen Ernstes jetzt noch über
die Nachnamen der Juristen kaputt. „Der war überrascht, dass überhaupt
geklatscht wurde“, kommentiert er anschließend noch eine Rede vom
ungeliebten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Das ist man bei Simon
freilich auch.
Es folgen die obligatorischen Außenszenen: Simon geht in einem
Shoppingcenter auf Stimmenfang für Steinbrück. Weil im Einkaufszentrum rum
stehen und Leute nerven aber weder eine neue noch eine besonders originelle
Idee ist, tut Simon irgendwann so, als ob er sich mit Eierlikör („iihhh!“)
besaufen würde. Das ist manchem Gast (Konstantin Gropper, Sänger von „Get
well soon“) bei „Roche und Böhmermann“ mit Whiskey statt mit Likör
allerdings schon mit beiläufigerer Coolness gelungen. Und Olli Schulz war
als Außenreporter in „Circus Halli Galli“, der neuen Show von Winterscheidt
und Heufer-Umlauf auf Pro Sieben, wenigstens ernsthaft besoffen, als er im
Berliner Nobelhotel Ritz Carlton randalierte und Til Schweiger nervte.
Dann kommt Studiogast Jan Becker auf die „natelight“-Bühne, und mit ihm der
endgültige Absturz. Becker ist selbsternannter Wahrsager und Hypnotiseur,
er klebt sich zwei Münzen auf die Augen, und wandelt dann auf diese Art
erblindet, mit erhobenem Dolch und verschrobene Porno-Lyrik zitierend,
durchs Publikum. Da hinein musste sich, einen lila Luftballon im Arm, eine
zufällig ausgewählte Zuschauerin stellen. Mit ihren Gedanken soll sie
Becker zu sich lotsen: „Nicht mehr sprechen, nur noch denken“, mahnt
Becker, redet aber selbst leider weiter.
Irgendwann steht Becker tatsächlich vor ihr und zersticht zu den letzten
Versen Gothic-Gefasel theatralisch den Ballon. Philip Simon findet es
„großartig“. Ganz einfach. Und man wünscht sich dringlichst Joko und Klaas
zurück, die sich über solchen Schwachsinn einfach bloß zehn Minuten kaputt
lachen. Oder das Ganze in ein Shoppingcenter verlegen.
Ganz zum Schluss kommt dann noch fix Comedian Bernd Hoëcker („Switch“)
herein und muss, warum auch immer, aus drei gewürfelten Stichworten (CIA,
Opel-Pleite, Weltherrschaft) eine Verschwörungstheorie basteln. Und dann
ist die erste Folge „natelight“ plötzlich vorbei. Auch gut.
„natelight“, donnerstags, 22.15 Uhr, ZDFneo
19 Apr 2013
## LINKS
[1] /JokoKlaas-jetzt-bei-Pro-7/!111796/
[2] /Das-Ende-von-Roche-und-Boehmermann/!110007/
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
ZDFneo
Joko Winterscheid
Klaas Heufer-Umlauf
ZDF
Jan Böhmermann
ZDF
ZDFneo
Serie
## ARTIKEL ZUM THEMA
ZDF auf Quotenfang: Zwangspause dank Liebesschnulze
Das ZDF will den ersten Platz unter den TV-Sendern verteidigen. Unter dem
Namen „Sonderprogrammierung“ opfert es dafür gehaltvolle Sendungen.
„LateLine“ und „nate light“: Wilde Spartenkanäle
„Roche und Böhmermann“ sowie „neoParadise“ sind nicht mehr. Nun suchen…
und ZDF krampfhaft nach Anarchischem für junge Zuschauer.
Streit bei ARD und ZDF: Zickenkrieg ums Digitale
Das Erste provoziert das ZDF mit seinen Ideen zur Neuordnung der digitalen
Programme. Aus Mainz wird daraufhin kräftig zurückgekoffert.
Entlassungen beim ZDF: Bis zu 400 Stellen weniger
Weil das ZDF einst über Gebühr expandierte, leiden jetzt die Mitarbeiter.
Der Sender soll 75 Millionen Euro beim Personal sparen.
Neue Unterhaltungsdoku auf ZDFneo: Lebenshilfe für Turnschuhträger
ZDFneo startet mit „Wie werd ich ?“ ein kindlich-lehrreiches
Doku-Unterhaltungsformat. Zielgruppe sind alle, die nie, nie, nie so
richtig erwachsen werden wollen.
Britische Serie „Downton Abbey“: Viel mehr als schöne Kostüme
Die preisgekrönte Serie „Downton Abbey“ startet am Freitag bei ZDFNeo. Von
der Titanic bis zum Ersten Weltkrieg ist alles dabei.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.