# taz.de -- KOMMENTAR ELEKTRONISCHE FUßFESSEL: Die Ungefesselten | |
> Solange mit elektronischen Fußfesseln keine übertriebenen Erwartungen | |
> verbunden sind, sind sie sinnvoll. Denn dass sie Verbrechen verhindern, | |
> hat nie jemand behauptet. | |
Vielleicht ist ja der Begriff „elektronische Fußfessel“ an manchem | |
Missverständnis schuld. Zwar ist hier ein elektronischer Sender wie eine | |
Fessel an den Fuß einer überwachten Person gebunden – aber diese Person ist | |
nicht an einem bestimmten Ort „gefesselt“. Sie kann sich vielmehr frei | |
bewegen. Die Polizei kann mit Hilfe des Senders nur ihre Wege | |
nachvollziehen und kontrollieren, ob sie zum Beispiel rechtzeitig nach | |
Hause oder zur Arbeit kam. | |
Dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung Verbrechen sicher verhindert, | |
hat nie jemand versprochen. Es ist deshalb auch nicht Ausdruck eines | |
Skandals, dass in München nun ein Mann vor Gericht steht, der „trotz“ einer | |
elektronischen Fußfessel ein siebenjähriges Mädchen missbraucht hat. | |
Grundsätzlich ist der Ansatz sinnvoll, entlassene Straftäter elektronisch | |
zu überwachen – wenn eine gewisse Gefahr besteht, dass sie erneut schwere | |
Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen. Wer weiß, dass er überwacht wird, | |
hat eine zusätzliche Hemmung, Straftaten zu begehen. Außerdem können | |
ehemalige Opfer geschützt werden, wenn ihr Viertel zur No-go-Area erklärt | |
wird, dessen Betreten Alarm auslöst. | |
Solange keine übertriebenen Erwartungen mit der Fußfessel verbunden sind, | |
kann sie als Instrument einer liberalen Kriminalpolitik verstanden werden. | |
Ein Gericht wird sich im Fall von Restzweifeln leichter tun, jemand aus der | |
Sicherungsverwahrung zu entlassen, wenn dieser dann nicht völlig | |
unkontrolliert in Freiheit kommt. | |
Die meisten Alarme werden ausgelöst, weil der Akku des Senders nicht mehr | |
genug Strom liefert. Der Überwachungsapparat ist so vor allem mit der | |
eigenen Verwaltung beschäftigt. Das ist Geldverschwendung, erzeugt ein | |
fatales Gefühl von Sicherheit und schikaniert die Überwachten. | |
9 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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