# taz.de -- Kommentar Urteil Kontenkündigung: Für politische Privatautonomie | |
> Der Bundesgerichtshof hat die Kündigung eines rechten Verlagskontos durch | |
> die Commerzbank gebilligt. Das geht juristisch und politisch in Ordnung. | |
Bild: Wem die eine Bank das Konto verweigert, der kann sein Geld ja mal bei ein… | |
Das [1][Urteil des Bundesgerichtshofs] (BGH) stärkt vor allem die | |
Handlungsfreiheit von Privatbanken. Sie können sich ihre Kunden aussuchen | |
und Geschäftsbeziehungen nach Lust und Laune beenden. Damit ist auch eine | |
einfache und begründungslose Kündigung von rechten Bankkonten erlaubt, wie | |
im Fall der Commerzbank, die die Bankverbindung einer rechten Verlagsgruppe | |
ohne nähere Gründe beenden will. | |
Antifaschistische Schadenfreude ist aber nicht angebracht. Das BGH-Urteil | |
kann genauso gut auf linke Bankverbindungen angewandt werden. Der Deutschen | |
Bank etwa wird es nun - im vierten Versuch - wohl endlich gelingen, das | |
Konto der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zu | |
kündigen. | |
Juristisch und politisch ist das Urteil in Ordnung. Private Banken wie die | |
Commerzbank und die Deutsche Bank sind nicht der Staat. Während der Staat | |
grundsätzlich alle Bürger gleich behandeln muss, ist ein privates | |
Unternehmen hierzu nicht verpflichtet. Wenn es keine Geschäfte mit | |
rechtsextremen Kunden machen will, muss es dies auch nicht. Und es muss | |
dies nicht einmal begründen. Ein privates Unternehmen ist nicht an das | |
Gleichbehandlungs-Gebot des Grundgesetzes gebunden. Es genießt | |
Privatautonomie und Vertragsfreiheit. | |
Zwar gehört ein Girokonto heute zu den Grundbedürfnissen eines Menschen und | |
vor allem eines Betriebs. Doch gibt es Girokonten ja nicht nur bei einer | |
einzigen Bank. Wem die Commerzbank ein Konto verweigert, kann es ja mal bei | |
der Deutschen Bank versuchen oder einer kleinen Privatbank. Wenn es sich um | |
einen gesellschaftlich stigmatisierten Kunden handelt, kann es allerdings | |
sein, dass alle Privatbanken abwinken, weil sie um ihren guten Ruf | |
fürchten. Doch auch dann ist die Lage nicht aussichtslos, denn es gibt ja | |
auch öffentlich-rechtliche Banken wie die Sparkassen, die an die | |
Grundrechte gebunden sind. Sie sind grundsätzlich verpflichtet, auch | |
Kunden, die sie nicht mögen, ein Konto zu geben. | |
Was bleibt, ist der Ärger mit dem Kontowechsel. Geschäftspartner müssen | |
über die neue Bankverbindung informiert werden, Briefpapier ist zu ändern | |
und wahrscheinlich geht auch die eine oder andere Zahlung noch an das alte | |
gekündigte Konto, also ins Nichts. Wer umstrittene Waren vertreibt und | |
Bankwechsel-Frust vermeiden will, geht am besten gleich zu einer | |
öffentlich-rechtlichen Bank. | |
Dass uns das BGH-Urteil dennoch erstaunt, hat mit einer neueren Entwicklung | |
zu tun. In den EU-Anti-Diskriminierungs-Richtlinien und im deutschen | |
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wird die Handlungsfreiheit der | |
Privatwirtschaft zunehmend eingeschränkt. Auf dem Arbeitsmarkt und bei | |
privaten Massengeschäften (etwa im Supermarkt oder bei einer | |
Wohnungsgesellschaft) darf niemand ausgegrenzt werden, nur weil er | |
dunkelhäutig, weiblich oder homosexuell ist. | |
Allerdings gilt dieses neue Diskriminierungsverbot nicht für politische | |
Einstellungen. Kein Gastwirt muss Nazis das Hinterzimmer für | |
Veranstaltungen vermieten und das ist auch richtig so. Wenn es um | |
politische Haltungen geht, sollte die Privatautonomie bestehen bleiben - | |
selbst wenn das dann gelegentlich auch Linke trifft. | |
16 Jan 2013 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
Christian Rath | |
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