# taz.de -- Kommentar 1 Jahr nach Schleckerpleite: Dilettantismus mit Vorsatz | |
> Der Fall Schlecker zeigt, die FDP lässt Menschen mit wirtschaftlichen | |
> Fehlentscheidungen allein. Die Regierung hat Beruf, Branche und | |
> Frauenarbeit abgewertet. | |
Bild: Die 23.400 Schlecker-Mitarbeiterinnen konkurrieren mit knapp 160.000 weit… | |
Die Geschichte der Schlecker-Pleite ist eine Geschichte des politischen | |
Versagens. Und dieses Versagen hatte Methode. Denn so weltfern, wie sich | |
Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Arbeitsministerin Ursula von der | |
Leyen hier gerierten, können PolitikerInnen gar nicht sein. | |
Im Falle der FDP ist der Vorsatz klar. Es ist eine strukturell grausame | |
Partei, die die Menschen mit den Folgen unternehmerischer | |
Fehlentscheidungen alleinlässt. Dazu lügt man sich dann noch die Welt so | |
zurecht, wie man sie gerade braucht: Da seien doch doppelt so viele offene | |
Stellen im Handel zu besetzen, wie es Schlecker-Frauen gebe, tönte | |
Wirtschaftsminister Rösler. | |
Er verschwieg, dass die 23.400 Schlecker-Mitarbeiterinnen um diese Jobs mit | |
knapp 160.000 weiteren arbeitslosen VerkäuferInnen konkurrieren. Die FDP | |
war es auch, an der die Bildung einer Transfergesellschaft scheiterte. | |
Jetzt schlägt eben der geballte Sozialdarwinismus des freien Arbeitsmarktes | |
zu: Die Jüngeren und die ohne Familie finden einen Job, oft schlecht | |
bezahlt und unsicher. | |
Die Älteren und die mit Kindern sitzen auf der Straße. Und dass | |
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen den Verkäuferinnen vorschlug, sie | |
könnten doch auf den Boomberuf Erzieherin umschulen, zeugt ebenfalls von | |
Ignoranz. Diese Fortbildung übernimmt die Arbeitsagentur in der Regel gar | |
nicht. | |
## Die Frau bloß Zuverdienerin | |
Die Regierung hat beispielhaft vorgeführt, wie man einen Beruf abwertet, | |
wie man eine Branche abwertet, wie man Frauentätigkeiten abwertet. Dahinter | |
steht ein uraltes Bild von der Frau als der bloßen Zuverdienerin. So sieht | |
die Welt aber nicht mehr aus. | |
Es gibt mittlerweile eine Menge Frauen, die den entscheidenden Beitrag zum | |
Haushaltseinkommen leisten. Aber immer noch wird ihnen nur eins | |
signalisiert: Ihr seid unwichtig. Es ist bitter, dass auch die erste | |
weibliche Kanzlerin diese Haltung vertritt. | |
18 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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