# taz.de -- Uni Göttingen kooperiert mit Agrarfirma: Stifter für die Sinologie | |
> Die Uni Göttingen baut das Fach Sinologie zum | |
> „Ostasien-Forschungszentrum“ aus. Finanziert wird das von der | |
> chinesischen Regierung und von einem Saatgutkonzern. | |
Bild: Und wer zahlt für diese Professur? Vorlesung an der Uni Göttingen. | |
GÖTTINGEN taz | Andreas Büchting ist ein vielbeschäftigter Mann. Der | |
66-Jährige sitzt dem Aufsichtsrat des wegen seiner Gentechnik-Experimente | |
umstrittenen Saatgutkonzerns KWS vor, er berät die Indo-German Consultative | |
Group der Bundesregierung, ist Senator der Deutschen Akademie der | |
Naturforscher Leopoldina und Mitglied im Stiftungsrat der Universität | |
Göttingen. Gemeinsam mit einigen anderen Unternehmen wie der Nord/LB, hat | |
die KWS unter Mitwirkung von Büchting der Hochschule vor vier Jahren zu | |
einer Professur für Ostasienwissenschaften mit dem Schwerpunkt China | |
verholfen. | |
Die Göttinger Sinologie wurde bereits 1925 eingerichtet und erlebte vor dem | |
Zweiten Weltkrieg eine erste Blütezeit. Nach dem Krieg dümpelte das Fach | |
Jahrzehnte vor sich hin, 2004 wurden die Studiengänge Sinologie und | |
Japanologie sogar eingestellt. | |
Ein Jahr nach Beginn des Engagements von KWS & Co. stiftete die chinesische | |
Regierung – übrigens erstmalig in Deutschland – zwei weitere Professuren zu | |
Gesellschaft und Wirtschaft des modernen China sowie zur Fachdidaktik des | |
Chinesischen als Fremdsprache. 2010 wurde die Sinologie zu einem der | |
bundesweit größten Forschungszentren für das moderne Ostasien erweitert, an | |
dem in Zukunft weitere Professuren eingerichtet werden sollen. | |
Dadurch habe das Fach eine moderne Ausrichtung erhalten, ohne die | |
klassisch-historischen Grundlagen zu vernachlässigen, erklärt die | |
Universität. Ziel von Forschung und Lehre sei es, sich China und seinen | |
Nachbarn sozial- und kulturwissenschaftlich zu nähern und sowohl den | |
Modernisierungsprozess der vergangenen 150 Jahre als auch die kulturellen | |
Entwicklungen und Diskurse zu erforschen. Eine weitere, ausdrücklich | |
genannte Aufgabe ist die Ausbildung von Führungskräften für die Wirtschaft. | |
## Seit 30 Jahren in China aktiv | |
Der Aufstieg Chinas während der letzten Jahrzehnte habe zu neuen | |
Anforderungen an die westliche Forschung geführt, heißt es auf der | |
Internetseite des Fachbereichs. Es gelte Fachkräfte auszubilden, „die das | |
moderne China im globalen Kontext und vor dem Hintergrund seiner langen | |
Traditionen verstehen und die dabei hohe sprachlich-kulturelle Kompetenz | |
mit einer soliden Ausbildung in Forschungsmethoden und | |
arbeitsmarktbezogenen Schlüsselkompetenzen verbinden“. | |
Dazu passt bestens, dass die KWS seit über 30 Jahren in China aktiv ist und | |
sich im Bereich Zuckerrübe mit einem Marktanteil von 40 Prozent sogar als | |
Marktführer in dem Land etabliert hat. Nach den USA ist China mit knapp 31 | |
Millionen Hektar weltweit der flächenmäßig zweitgrößte Maismarkt. | |
23 Millionen Hektar davon liegen in für KWS-Maissorten geeigneten Regionen, | |
frohlockt Vorstand Hagen Duenbostel. „China ist für uns ein Zukunftsmarkt, | |
in dem wir unsere Position schrittweise ausbauen wollen.“ Die 100.000 Euro | |
im Jahr, die sich KWS und die anderen Unternehmen ihre Stiftungsprofessur | |
kosten lassen, scheinen da gut investiert. | |
25 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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