# taz.de -- Tschechiens neuer Präsident Zeman: Schillernder Linkspopulist | |
> Mit 55 Prozent der Stimmen wurde Milos Zeman in der Stichwahl zum neuen | |
> tschechischen Präsidenten gewählt. Er gilt als europafreundlicher als | |
> sein Vorgänger Vaclav Klaus. | |
Bild: Am Ziel: Milos Zeman, hier noch bei einer der TV-Debatten vor der Wahl. | |
PRAG dapd | Aus der ersten Direktwahl des Präsidenten der Tschechischen | |
Republik ist der Linkspopulist Milos Zeman als Sieger hervorgegangen. Nach | |
Auszählung aller Wahlzettel setzte sich nach Angaben des Statistikamtes der | |
Ex-Regierungschef am Samstag mit rund 55 Prozent gegen seinen konservativen | |
Konkurrenten Karel Fürst zu Schwarzenberg durch, auf den rund 45 Prozent | |
der Stimmen entfielen. | |
Dabei hatte sich auch der derzeitige Außenminister Schwarzenberg in der | |
Stichwahl um das Präsidentenamt gute Chancen auf den Einzug in die Prager | |
Burg ausgerechnet. Doch die letzten Umfragen vor der zweitägigen | |
Abstimmung, die am Freitag begonnen hatte, deuteten schon einen leichten | |
Vorsprung Zemans an. | |
Dessen Anhänger brachen nach Bekanntgabe der Ergebnisse in Prag in Jubel | |
aus und ließen ihn vor seiner Wahlkampfzentrale hochleben. „Ich verspreche, | |
als direkt gewählter Präsident zu versuchen, die Stimme aller Bürger zu | |
sein“, kündigte Zeman in einer ersten Stellungnahme an. Sein Konkurrent | |
Schwarzenberg brachte seine Wahlschlappe indes mit den unpopulären | |
Sparmaßnahmen der Regierung in Verbindung. „Das hat mir definitiv nicht | |
geholfen“, erklärte er. Zugleich bot Schwarzenberg an, weiterhin als | |
Außenminister an Bord bleiben zu wollen. | |
Der 68-jährige Zeman löst den Euroskeptiker Vaclav Klaus am 7. März im Amt | |
ab. Dieser hatte die im vergangenen Februar verabschiedete | |
Verfassungsänderung, die erstmals eine Direktwahl des Staatsoberhauptes | |
ermöglicht, als „fatalen Fehler“ bezeichnet. Seit der Spaltung der | |
ehemaligen Tschechoslowakei im Jahre 1993 wurde Tschechien von zwei | |
parlamentarisch gewählten Präsidenten geführt. Vor Klaus hatte der Dichter | |
und Dissident Vaclav Havel (1993-2003) das höchste Staatsamt inne. | |
Milos Zeman gehört zu den schillernderen Figuren der Prager Politikszene. | |
Zwischen 1998 und 2002 war der Kettenraucher Chef einer linksliberalen | |
Minderheitsregierung. Später zerstritt er sich mit seiner | |
sozialdemokratischen Partei CSSD und gründete 2009 die Bürgerrechtspartei | |
SPOZ. | |
## Umstrittene Äußerungen | |
In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte Zeman mit umstrittenen | |
Äußerungen international für Schlagzeilen gesorgt. So verglich er einmal | |
den verstorbenen palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat mit Adolf | |
Hitler und handelte sich damit scharfe Kritik der EU und der Arabischen | |
Liga ein. | |
Fast 25 Jahre nach dem Ende des Kommunismus gilt Zeman nun vielen als | |
Hoffnungsträger der Wendeverlierer in den ländlichen Regionen. Zeman | |
studierte Ökonomie und hegt für Tschechien „die Vision eines Sozialstaats | |
nach skandinavischem Vorbild“. Zugleich kündigte er an, sich „durch | |
regelmäßige Auftritte in Kabinett und Parlament¶ aktiv in die | |
Regierungspolitik einmischen zu wollen. | |
Gemäß der tschechischen Verfassung verfügt der Präsident allenfalls über | |
eine beschränkte Macht, die Regierungsgeschäfte führt der Ministerpräsident | |
und sein Kabinett. Allerdings kann der Präsident nach Neuwahlen den | |
Regierungschef, Direktoriumsmitglieder der Zentralbank und mit Zustimmung | |
des Oberhauses auch Verfassungsrichter ernennen. | |
26 Jan 2013 | |
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