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# taz.de -- Präsidentenwahlen in Tschechien: Endspurt auf die Prager Burg
> Erstmals entscheiden die Tschechen direkt über ihren Staatschef. Keiner
> der Kandidaten kann mit einer sauberen politischen Vergangenheit punkten.
Bild: Neun für die Burg: Die Kandidatinnen und Kandidaten bei einer Fernsehdeb…
PRAG taz | Zum Abschluss seiner Wahlkampagne lässt es der Fürst noch einmal
richtig krachen. Während seine Rivalen im Rennen um das Amt des
tschechischen Staatspräsidenten bloße Reden schwingen, lädt Karel
Schwarzenberg zum hochkarätig besetzten Open-Air Konzert vor der modernen
„Kirche des allerheiligsten Herzen des Herrn“ in den Prager Weinbergen. Der
Erbauer dieser Kirche, der Slowene Josip Plecník, war in der
Zwischenkriegszeit auch für die Renovierung der Prager Burg zuständig, dem
Sitz des tschechischen Präsidenten.
Dort wünschen sich die Tschechen auch jetzt frischen Wind: Am Freitag und
Samstag dürfen sie zum ersten Mal direkt entscheiden, wer in den kommenden
fünf Jahren dem Land vorstehen wird. Zwar sind die Vollmachten des
Staatspräsidenten in der parlamentarischen Demokratie Tschechien nur
repräsentativ. Dafür hat das Amt einen starken Symbolcharakter: Seit
Gründung der Tschechoslowakei 1918 gilt der Präsident als Väterchen der
Republik, der als moralische Instanz die Atmosphäre in der Gesellschaft
beeinflussen kann.
Große Chancen werden Karel Schwarzenberg bei den Wahlen nicht eingeräumt.
Letzten Umfragen zufolge liegt er kurz vor dem ersten Urnengang bei nur 11
Prozent, was einen vierten Platz und das Aus vor der Stichwahl in zwei
Wochen bedeuten würde. Aber der Fürst, Außenminister und Parteivorsitzende
ist zum Popstar der Präsidentenwahl geworden. Unter den acht Kandidaten
sticht der 75-jährige hervor durch sein altböhmisches Charisma und seine
moralische Autorität, die er sich durch seinen lebenslangen Einsatz für
tschechische Dissidenten und seine Nähe zu Václav Havel verdient hat.
## Zu alt, vernuschelt, unwählbar
Dennoch bleibt er für viele Tschechen unwählbar. Der Nachfahre eines großen
österreichischen Adelsgeschlechts sei zu alt, nuschele unverständlich,
schlafe selbst bei offiziellen Anlässen ein und habe als Vorsitzender der
Regierungspartei TOP 09 nichts getan, um Bestechungsskandale zu
unterbinden.
Was Letzteres betrifft hebt er sich dabei kaum von den weiteren Kandidaten
ab. Der heiße Favorit Milos Zeman zum Beispiel, dem Umfragen über ein
Viertel der Wählerstimmen voraussagen. Während seiner Zeit als
sozialdemokratischer Ministerpräsident (1996–2002) war er für den
sogenannten Oppositionspakt verantwortlich – de facto eine große Koalition
mit den Bürgerdemokraten von Václav Klaus, die der Korruption im Land die
Türen noch weiter öffnete und von der beide Parteien prächtig profitierten.
Beim Wähler punktet Zeman dennoch. Denn der redebegabte Politdinosaurier
setzt auf Volkstümlichkeit und Volksnähe. Und auf seine junge Tochter
Katerina, die ihrem Vater als hoffnungsfrohes „erstes Fräulein“ während d…
Kampagne kaum von der Seite gewichen ist.
## Charisma eines Staubtuchs
Ein weiterer Favorit für die Stichwahl ist Jan Fischer. Der 62-jährige
Beamte verfügt zwar über das Charisma eines Staubtuchs, punktete aber mit
seinem sorgfältig gepflegten Image des netten Herrn von nebenan, als er
nach dem Sturz der Regierung während der tschechischen
EU-Ratspräsidentschaft ein Interims-Expertenkabinett führte.
Mit einer professionell angelegten Wahlkampagne, die er sich von
umstrittenen Privatunternehmern finanzieren lässt, kämpft Fischer seit
Monaten um die Gunst der Wähler. Die nimmt jedoch stetig ab. Das
Saubermannimage Fischers bekam arge Flecken, als bekannt wurde, dass er ein
kommunistischer Mitläufer war. Er habe schließlich Frau und Kinder zu
versorgen gehabt, begründet Fischer seine zehnjährige Mitgliedschaft in der
Kommunistischen Partei während der Periode der Stagnation der 1980er Jahre.
12 Jan 2013
## AUTOREN
Sascha Mostyn
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Milos Zeman
Karel Schwarzenberg
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