# taz.de -- Tschechiens neuer Präsident: Das Diktat des Dorfstammtischs | |
> Milos Zeman hat die Präsidentenwahl gegen den „Fürsten“ Karel | |
> Schwarzenberg gewonnen – mit der Mär von der „sudetendeutschen | |
> Reconquista“. | |
Bild: Keine Glückstränen: Eine Anhängerin Karel Schwarzenbergs reagiert auf … | |
PRAG taz | „Wenn Prag eine Mauer mit Wachtürmen um sich herumbauen will, | |
dann melde ich mich freiwillig zum Dienst“, schimpfte ein enttäuschter Fan | |
Karel Schwarzenbergs, kurz nachdem der die tschechischen | |
Präsidentschaftswahlen mit einem knapp 10-prozentigen Abstand an seinen | |
populistischen Widersacher, den Sozialdemokraten Milos Zeman, verloren | |
hatte. In der Hauptstadt hatten 66 Prozent der Wähler für Karel | |
Schwarzenberg gestimmt. | |
Die Niederlage des „Fürsten“, wie Schwarzenberg im Volksmund genannt wird, | |
trifft die Prager schwer, weil sie sie als Diktat des Dorfstammtischs | |
betrachten. Denn dort hatte Zemans Kampagne, die einzig auf der unwahren | |
wie unsinnigen Behauptung basierte, der Böhme Schwarzenberg sei ein | |
Fremder, der nur die „sudetendeutsche“ Reconquista vorbereite, am meisten | |
gefruchtet. | |
„Der Missbrauch der Geschichte ist der Fluch der mitteleuropäischen | |
Politik“, urteilt der tschechische Kommentator Lubos Palata in der | |
deutschsprachigen Landeszeitung, die in Prag erscheint. „In Polen hat ein | |
falscher ’Wehrmachtsopa‘ 2005 Donald Tusk die Präsidentschaft gekostet, und | |
2009 ist Iveta Radicová in der Stichwahl in der Slowakei unterlegen, | |
nachdem eine verleumderische Kampagne verbreitet hatte, sie wolle Autonomie | |
für die ungarische Minderheit“, sagt Palata. Heute, meint er, erinnern sich | |
die Polen mit Grauen an die Ära Kaczynskys, und die Slowaken haben jüngst | |
in einer Umfrage bedauert, Radicová nicht gewählt zu haben. | |
## Stockbesoffen im Fernsehen | |
Ob am Samstagabend schon jemand von Zemans Anhängern seine Wahl bedauert | |
hat, als der zukünftige erste Tscheche des Staates, dessen Präsidentschaft | |
offiziell am 8. März beginnt, stockbesoffen und hochrot im Fernsehen | |
daherschwadronierte, ist nicht bekannt. „Ich hätte ja erwartet, dass Zeman | |
in den zehn Jahren außerhalb der Politik etwas sanfter geworden ist. Aber | |
er ist schlimmer als je zuvor“, sagte der PR-Manager Martin, der Zemans | |
erste Pressekonferenz beim Public Viewing in der Kneipe verfolgte, | |
geschockt. | |
Das Erste, das der frischgebackene Präsident verlauten ließ, war sein | |
Wunsch nach vorzeitigen Wahlen. Die jetzige liberal-konservative Regierung | |
ist ob ihrer rigiden Sparpolitik so unbeliebt, dass vorzeitige Wahlen, wie | |
Umfragen belegen, eine Koalition aus Sozialdemokraten und Kommunisten | |
hervorbringen würde. | |
Seine erste Auslandsreise würde, was für tschechische Präsidenten mehr oder | |
weniger Pflicht ist, in die Slowakei führen. Nach Deutschland, von dem die | |
Tschechische Republik wirtschaftlich völlig abhängig ist, würde er fahren, | |
wenn er eine Einladung bekäme, sagte er in einer angesichts seines | |
offensichtlichen Alkoholpegels sehr geschliffenen Sprache. Deutschland | |
hatte Zeman während seiner Kampagne aber als Nest des Erzfeindes | |
hochstilisiert. | |
27 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Sascha Mostyn | |
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