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# taz.de -- Kommentar Gewalt in Ägypten: Das Militär steht bereit
> Wenn die Gewalt in Ägypten nicht aufhört, dürfte das Militär handeln. Und
> das könnte heißen, dass es auch seine jahrzehntealte Machtposition
> reklamiert.
Bild: Ausschnitt aus dem Video von Freitagnacht in Kairo.
Die ägyptische Opposition muss eine dunkle Ahnung gespürt haben, dass es am
zweiten Jahrestag des Umsturzes nicht viel zu feiern geben würde. Deswegen
hatte sie angekündigt, sich nicht an Versammlungen zu beteiligen. Was dann
aber kam, dürfte sie auch in ihren schlimmsten Albträumen nicht
vorhergesehen haben: 21 Todesurteile gegen Fußballrowdys aus Port Said
treiben das Land am Nil in die Nähe eines Bürgerkriegs mit unabsehbaren
Folgen.
Die Verurteilten sollen für das Blutbad unter Anhängern des Kairoer
Fußballklubs al-Ahly vor einem Jahr verantwortlich sein. Ihre Freunde aber
argwöhnen Willkürjustiz des neuen Regimes und werfen den Sicherheitskräften
Untätigkeit vor. Gewaltsame Auseinandersetzungen mit Dutzenden von Toten
und Hunderten von Verwundeten in Port Said, Suez und Kairo sind die Folge.
Wie schon bei der Revolution vor zwei Jahren und bei den Protesten gegen
die neue Verfassung im Dezember zeigt die Polizei, dass sie nicht Herr der
Lage ist. Das Militär wird aktiv, wenn auch bislang nur durch demonstrative
Präsenz. Diese Taktik dürfte aber an Wirkung verlieren, wenn in einigen
Teilen des Landes tatsächlich der Ausnahmezustand verhängt werden sollte.
Wenn die Gewalt dann nicht aufhört, dürfte das Militär handeln.
„Handeln“ könnte aber bedeuten: nicht nur die Unruhen zu beenden, sondern
auch die jahrzehntealte Machtposition zu reklamieren, auf die die
Streitkräfte letztes Jahr nur widerwillig verzichtet haben.
Die Militärs könnten sich dabei als Garanten eines demokratischen Prozesses
präsentieren und mit einiger Sicherheit auf Teile der liberalen Opposition
wie auch auf Anhänger des alten Regimes zählen. Beide sind gegen die Macht
der Muslimbrüder; und sie werden verstärkt durch die Enttäuschten, die sich
von der Revolution eine Verbesserung der Lebensbedingungen erhofft hatten.
Eine Hoffnung, die sich bisher nicht erfüllt hat.
Und die sich zumindest so lange nicht erfüllen wird, wie das Volk so
gespalten ist wie jetzt. Die Unruhen sind weit mehr als Protest nach den
Todesurteilen wegen der Fußballkrawalle; sie zeigen die tiefe Zerrissenheit
der Bevölkerung über die Zukunft des Landes. Weder das neue Regime noch die
Opposition werden diese Kluft verringern. Der Armee kann dies erst recht
nicht gelingen.
27 Jan 2013
## AUTOREN
Peter Philipp
## TAGS
Ägypten
Fußballkrawalle
Militär
Gewalt
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Ausnahmezustand
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Tahrir-Platz
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