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# taz.de -- Korruption in Serbien: Mit der Drogenmafia auf Du und Du
> Der serbische Premier Ivica Dacic soll Kontakte zu einem mächtigen Clan
> gehabt haben. Der Koalitionspartner droht mit Neuwahlen.
Bild: Wegen Mafiakontakten unter Druck: Serbiens Regierungschef Ivica Dacic.
BELGRAD taz | Serbien befindet sich im Krieg gegen Korruption und das
organisierte Verbrechen. Zumindest stellt das der neue, mächtigste Mann im
Lande so dar: Aleksandar Vucic, Vizepremier, Verteidigungsminister und
Koordinator der Sicherheitsdienste, die für den Kampf gegen Korruption und
die Mafia zuständig sind.
Fast täglich werden neue Korruptionsaffären aufgerollt. Einst unantastbare
Geschäftsleute sind hinter Gittern, gegen Politiker wird reihenweise wegen
Korruption ermittelt. Jetzt ist sogar der Regierungschef und Innenminister
Ivica Dacic ins Kreuzfeuer geraten.
Serbische Medien hatten zunächst seinen früheren Bürochef mit der
Drogen-Mafia in Verbindung gebracht. Als Dacic dementierte, sickerten
Beweise durch, dass er sich 2008 als Innenminister selbst mehrmals mit
einem gewissen Rodoljub Radulovic getroffen hatte.
## Genosse Drogenhändler
Radulovic gilt als einer der Bosse des europaweit berüchtigten Narco-Clans
von Darko Saric – beide sind seit Jahren untergetaucht. Medien berufen sich
auf Telefonprotokolle, die auf 130 CDs gespeichert sein sollen. Dacic soll
innerhalb des Drogenrings, der Kokain direkt aus Lateinamerika nach Europa
geschmuggelt hatte, als „Genosse“ bezeichnet worden sein. Er und sein
Kabinettschef sollen von Radulovic zwei abhörsichere Blackberrys bekommen
haben.
Mit dem Rücken zur Wand gab Dacic die Kontakte zu Radulovic zu. Er
beteuerte aber, nicht gewusst zu haben, dass es sich bei dem Geschäftsmann
um einen Mafia-Boss handelte. „Mit den Attacken auf den Premier will man
die Regierung zu Fall bringen. Man will zeigen, dass ich untauglich bin,
dieses Amt auszuüben“, sagte Dacic.
Er machte die Kriminalpolizei dafür verantwortlich, ihn als Innenminister
nicht vor Kontakten mit Verdächtigen bewahrt zu haben, denn: „Wie hätte ich
sonst wissen sollen, mit wem ich es zu tun hatte?“ Die Bande von Saric soll
während des Privatisierungsprozesses in Serbien und Montenegro Milliarden
an Drogengeldern gewaschen haben.
## Ein mutiger unbestechlicher Politiker
Hinter den peinlichen Enthüllungen, die Dacic in die Nähe eines der einst
mächtigsten Führungspersonen des Narco-Clans rücken, wird Aleksandar Vucic
vermutet. Der junge und gefürchtete Vizepremier, der „niemals lächelt“,
macht keinen Hehl daraus, dass er neben den Geheimdiensten auch die
Kontrolle über die Kriminalpolizei haben möchte. Er konnte sich mit Dacic
aber nicht auf einen neuen Direktor der Kriminalpolizei einigen.
Ein halbes Jahr nach der Regierungsbildung hat sich der ehemalige
Ultranationalist Vucic das Image eines mutigen, unbestechlichen Politikers
zugelegt, der sein eigenes Leben für das Wohlergehen Serbiens riskiert und
es mit den gefährlichsten Leuten aufnimmt. So lässt er zwei Dutzend
Privatisierungen untersuchen, die eine EU-Kommission als umstritten
bezeichnet hat. Für die „alles umfassende Korruption“, macht er
Ex-Staatschef Boris Tadic und seine Demokratische Partei (DS)
verantwortlich.
Beobachter meinen, dass Vucic in Serbien eine „Stimmung des Schreckens“
schüre. Niemand wisse, wo er zuschlagen werde, und seine Aktionen seien
vorwiegend gegen politische Gegner gerichtet. Auch seine Methoden sind
umstritten: Zuerst führen Medien, die Vucic nahestehen und denen geheime
Informationen zugespielt werden, Kampagnen gegen bestimmte Personen und
bringen sie in Zusammenhang mit Korruption. Erst danach wird die Polizei
eingesetzt. Laut Umfragen ist Vucic mit Abstand der populärste Politiker in
Serbien. Seine Serbische Fortschrittspartei (SNS) kommt auf über 40
Prozent.
Die Opposition ist zerstritten und verharrt in der Defensive, die
Sozialisten (SPS) von Dacic sind geschwächt. In dieser Situation bringt die
SNS als Seniorpartner in der Koalitionsregierung immer wieder Neuwahlen als
Druckmittel ins Spiel. Vucic, so meinen Beobachter, würde nach einem
plausiblen Anlass dafür suchen. Nun hat er ihn - die Verbindung des
Premiers zur Drogenmafia.
Dennoch ist die jüngste Regierungskrise aber zumindest
vorübergehendabgewendet. Die Regierung werde mit ihrer Arbeit fortsetzen,
entschied Vucic nach einer Krisensitzung der SNS, fügte aber drohend hinzu,
dass die Ermittlungen "gegen alle" weitetgeführt würden. Bis Juni hofft
sich Serbien, ein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der
EU genannt zu bekommen. Diese Chance will man durch Neuwahlen nicht
verspielen.
5 Feb 2013
## AUTOREN
Andrej Ivanji
## TAGS
Serbien
Mafia
Serbien
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