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# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Transparenz und Hampelei
> Mit Lobbyplag werden wieder einmal spannende Dinge aufgedeckt. Leider
> wieder einmal nicht von Journalisten.
Bild: Manchmal hielt Annette Schavan Transparenz auch für eine gute Idee ...
Jetzt also [1][Lobbyplag.] So langsam fängt es an, mir ein bisschen
peinlich zu werden, für mich und meinen Berufsstand: Mal wieder eine
interessante Recherche – und mal wieder eine, die nicht primär von einer
Redaktion, sondern vor allem von Netzaktivisten ausgebuddelt und
veröffentlicht wurde.
Schon klar, wir Journalisten haben es ja auch schwer derzeit. Alles
schlimm, überlastete Redaktionen, knappe Recherchezeit und noch weniger
Budget – wie soll man da noch investigativ … und so weiter.
Interessanterweise scheint Lobbyplag aber auf die Initiative einer
Einzelperson zurückzugehen: Der Wiener Jurastudent und Netzaktivist Max
Schrems soll den Anstoß für das Projekt gegeben haben. Kein Einzelfall –
man denke nur an die Enthüllungen des Chaos Computer Clubs oder die Infos,
die mit Hilfe von [2][fragdenstaat.de] eingeholt werden.
Auch in der Aufbearbeitung von Informationen lassen kleine Netzprojekte
große Redaktionen oft alt aussehen. So zünden die Jungs von der Agentur
„Open Data City“ ein Tischfeuerwerk nach dem anderen, wenn es darum geht,
große Datenhaufen attraktiv aufzubearbeiten. So mischte Open Data City auch
bei Lobbyplag mit – kurz nachdem sie visualisiert hatten, welche der
beliebten Youtube-Videos in Deutschland gesperrt sind und mit welcher
Begründung.
Derartige Projekte sind großartig, weil sie – auch dank
algorithmengestützter Auswertung – Zusammenhänge und Muster sichtbar
machen, die das menschliche Hirn in einem Wust von Buchstaben und
Informationen nicht überschauen kann. Darum ist die Transparenz, die
Lobbyplag herstellt, eine gute Sache.
Nur: Unrecht hat der FDP-Europaabgeordnete Alexander Alvaro nicht, wenn er
fordert, die Gesetzestexte sollten nicht nur auf Lobbyisten-Vorschläge
großer Firmen, sondern auch auf die Einflussnahme von Netzaktivisten
analysiert werden. Unabhängig davon, wessen Argumente man für überzeugender
hält und wer über mehr Kapazitäten und Ressourcen für seine Lobbyarbeit
verfügt: das wäre ausgewogener Datenjournalismus – und nicht nur eine
Aufarbeitung von Daten zur Unterstützung des eigenen politischen Anliegens.
Dann nämlich könnte man jenseits von Klischees diskutieren. Darüber, ob
Lobbyismus generell zu verteufeln ist. Darüber, ob er zwingend nur von
Vertretern gigantischer Firmen betrieben wird – oder nicht zum Beispiel
auch von Netzbürgerrechtlern. Darüber, mit wie viel inhaltlicher Expertise
und Entscheidungssicherheit die politischen Verantwortlichen eigentlich
gesegnet sind. Und welche neuen Spielregeln für Lobbyismus nötig wären.
Das ist die konstruktive Variante von Transparenz.
Wie Transparenz in ihrer destruktiven Form aussieht, hampelt dagegen gerade
die Piratenpartei vor: Da filetiert sich das Erste-Reihe-Personal so fies
vor den Augen aller, dass sich das Publikum angewidert abwendet. Bis auf
die Journalisten. Für die ist das jüngste Piratenmassaker ein Fest: saftige
Storys, schillernde Protagonisten. Präsentiert auf dem Silbertablett.
Buddeln muss da niemand.
15 Feb 2013
## LINKS
[1] http://lobbyplag.eu/#/compare/overview
[2] http://fragdenstaat.de
## AUTOREN
Meike Laaff
Meike Laaff
## TAGS
Internet
Piraten
Transparenz
Recherche
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Crowdfunding
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