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# taz.de -- Produktion von Smartphones: „Barfuß und ohne Schutzhelm“
> Wie entsteht ein iPhone? Rasmus Gerlach suchte in China, Ruanda und
> Hamburg nach Antworten. Der Sender Phoenix zeigt jetzt seinen Film.
Bild: Die Arbeitsbedingungen bleiben ein Problem.
taz: Im Mittelpunkt Ihres Films „Apple Stories“ steht das Metall Zinn, das
für die Herstellung von Smartphones wichtig ist. Wie viel verdienen die
Minenarbeiter in Nemba an der kongolesisch-ruandischen Grenze, wo sie
gedreht haben?
Rasmus Gerlach: 40 Euro im Monat. Das sind oft Bäuerinnen und Bauern mit
wenig Schulbildung, die lange Fußmärsche auf sich nehmen, um sich unter
Tage nebenbei etwas dazu zu verdienen. Sie leisten extremste
Schwerstarbeit, hier ist es wahnsinngig heiß, auch unter der Erde. Die
Arbeit wird oft ohne Schutzmaßnahmen verrichtet. Die Leute gehen barfuß
oder mit Flip-Flops durch die Gegend und tragen auch keine Schutzhelme -
zumindest habe ich das während meines sechswöchigen Aufenthalts dort so
erlebt.
Über das Zinn schaffen sie auch eine Verbindung zu Handyschraubern aus
Hamburg. Wie kamen Sie auf die Idee?
Bei meinen zahlreichen Besuchen bei Handydoktoren in meiner Nachbarschaft
fiel mir öfter auf, wie sie mit ihren Lötkolben Zinn zum Schmelzen bringen.
Wozu ist das gut?
Defekte Smartphones lassen sich wieder zum Laufen bringen, wenn man
rissiges Zinn verflüssigt. Zinn gibt es in unterschiedlichen
Qualitätsabstufungen. Eine Möglichkeit, ein Gerät herzustellen, das
möglichst schnell kaputt geht, ist, sogenanntes minderwertiges Zinn zu
verwenden. Die Mine in Nemba, in der ich war, ist interesant, weil man dort
relativ reines Zinn findet. Das fängt - anders als Zinn, das etwas Blei
enthält - irgendwann an, rissig zu werden. Elektronikgiganten können damit
ein Gerät herstellen, das innerhalb einer gewissen Zeit automatisch den
Geist aufgibt. Der Vorteil dabei ist auch, dass niemand der Firma den
Vorwurf machen kann, da sei ein Teil eingebaut, das so programmiert ist,
dass es schnell kaputt geht.
taz: Im Film wird auch H.C. Starck erwähnt, eine Firma aus dem Harz, die
wichtig zu sein scheint. Was stellen die her?
Bestandteile von Prozessoren für Intel, die auch bei Apple verbaut werden.
H. C. Starck ist aus mehreren Gründen interessant - etwa, weil die Firma
einige Jahre über einen Subunternehmer die Mine in Nemba betrieb und, wie
ein heutiger Minenverantwortlicher im Film sagt, es dabei versäumte, die
Sozialabgaben und die Kosten für die Berufsgenossenschaft der Minenarbeiter
abzuführen. Die Historie von H.C. Starck ist von einer fast schon
quacksalberischen Beschäftigung mit geheimnisvollen Stoffen geprägt. Da hat
man schon seit Urzeiten mit seltenen Materialien experimentiert. Heute ist
die Firma weltweit führend beim Recycling seltener Metalle.
Sie waren auch in China unterwegs, haben sich im Gegensatz zu anderen
Filmemachern dort aber nicht nur mit dem berüchtigten Apple-Zulieferer
Foxconn befasst. Sie konnten auch in einer hochmodernen Fabrik drehen, in
der unautorisiert iPhone-Ersatzteile produziert werden.
Produktpiraterie wird künftig in China härter bestraft werden, insofern
darf ich nichts weiter sagen zu diesen Bildern. Wir mussten versprechen,
niemals jemandem zu sagen, wo die Fabrik liegt. Leider sind die Bedingungen
in dieser illegalen Produktionsstätte auch nicht besser als bei Foxconn.
Aus anderen Gründen gibt es auch einiges auszusetzen an den
Arbeitsbedingungen in den hiesigen Apple Stores. Ein Mitarbeiter des
Hamburger Ladens äußert sich in dem Film anonym unter anderem zu
Überwachungskameras in Umkleidekabinen. War es schwer, ihn davon zu
überzeugen, mitzuwirken?
Das Kunststück war es, ihn zu finden, ihn zu überzeugen, war nicht schwer.
Er brauchte jemanden, dem er sich anvertrauen kann.
Apple Stories, Phoenix, 23.2., 22.30 Uhr
23 Feb 2013
## AUTOREN
René Martens
## TAGS
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