# taz.de -- Fluch und Segen der Heimarbeit: Ab ins Büro – aber wo? | |
> Yahoo-Chefin Marissa Mayer ordnet in ihrer Firma das Ende der Heimarbeit | |
> an. Ist das ein großer Fehler oder hat sie Recht? Ein Pro und Kontra. | |
Bild: Voller Schwung zur Arbeit, aber wohin? In die Firma oder nach Hause? | |
## Ja zum Home Office! | |
Das Home Office soll der Vergangenheit angehören! Die Firmenchefin von | |
Yahoo, Marissa Mayer, will ein klares Zeichen setzen und beordert ihre | |
Mitarbeiter zurück ins Büro. Ab Juni gilt Anwesenheitspflicht für alle. Ein | |
Trend, der zu denken gibt. | |
Es ist ein Schritt zurück im Zeitalter der mobilen Arbeitswelt. Die | |
Vorraussetzungen für mobile Heimarbeitsplätze sind besser denn je. Egal ob | |
Telefonkonferenz, E-Mail-Verkehr oder Datenzugriff ins Firmennetz – die EDV | |
macht alles möglich. Einzige Vorraussetzung: Internetanschluss und | |
Computer. Der Mitarbeiter kann zu Hause sitzen und arbeiten, als sei er | |
direkt in der Firma. Er ist viel flexibler und spart Zeit. | |
Der lange Arbeitsweg, die verstopften Straßen und öffentlichen | |
Verkehrsmittel rauben viel Zeit und auch Nerven. Genervt und abgekämpft | |
erscheint der Mitarbeiter im Büro. Arbeitet er von zu Hause, beginnt er | |
seinen Arbeitstag motiviert und entspannt mit einer Tasse Kaffee in der | |
Hand vor dem heimischen Computer. Großraumbüros sind vielerorts Trend. Sie | |
sind jedoch sehr laut und bieten wenig Platz für kreative Phasen und | |
konzentriertes Arbeiten. Einen ruhigen Arbeitsplatz zu finden ist ein | |
seltener Luxus. | |
Dieser Mitarbeiter könnte genau so gut zu Hause sitzen. In seiner gewohnten | |
Umgebung seine Arbeiten konzentriert erledigen und trotzdem für Fragen oder | |
Diskussionen zur Verfügung stehen. Auch Pausen sind wichtig und zu Hause | |
entspannt man einfach am besten. Die Kosten für Essen und Kaffee an der | |
Arbeit sind nicht zu unterschätzen. Viele kommen zu Hause günstiger weg. | |
Kleine Alltagsdinge wie Wäsche waschen, Elektrikerbesuch oder Einkaufen | |
können nebenbei erledigt werden und fordern keinen frühzeitigen Feierabend | |
oder stressigen Einkauf in der Stoßzeit. | |
Home Office bedeutet auch nicht, dass der Arbeitsplatz in der Firma | |
vollkommen gemieden wird. Er soll als Ergänzung dienen. Persönliches | |
Erscheinen bei Meetings und die Kontaktpflege mit anderen Mitarbeitern ist | |
wichtig. Es ist alles eine Frage der Organisation und Selbstkontrolle. Das | |
Home Office mindert nicht die Qualität und Leistung der Arbeit, sondern es | |
fördert sie. | |
Entspannt sitze ich gerade zu Hause und tippe die letzten Worte dieses | |
Artikels ein. Danach kann ich meinen Laptop schließen und der Weg zum Bier | |
im Kühlschrank ist kurz. Feierabend! LUKAS ABEGG | |
*** | |
## Home Office, geh sterben! | |
Manchmal erkennt man erst an der Kritik, wie gut oder schlecht ein | |
Vorschlag ist. Marissa Mayer, die Chefin von Yahoo, [1][untersagt die | |
Arbeit im Home Office] und beordert alle Mitarbeiter zurück in die Firma. | |
Mayers Ton ist rüde, ihre Anordnung klingt befremdlich, weil sie | |
Selbstbestimmung und Freiheit beschränkt, und doch hat sie zweifellos | |
Recht. | |
Schon sind die Apologeten der totalen Arbeit auf der Palme: „Mayer hat | |
einen gewaltigen Sprung rückwärts gemacht. Statt große Talente bei der | |
Stange zu halten, wird sie sich in einem Großraumbüro wiederfinden, wo alle | |
Leute brav anwesend sein und ihre Zeit absitzen werden“, sagte die | |
Wirtschaftsberaterin Jody Thompson. „Es ist beunruhigend, dass es eine | |
Technologie-Firma nicht schafft, Fern-Arbeit zu koordinieren“, kritisierte | |
Kate Lister, Präsidentin des Telework-Forschungszentrums in Kalifornien. | |
„Das läuft dem weltweiten Trend zu mehr Auslagerung von Arbeit zuwider.“ | |
„Rückwärts“, „Talente“, „Trend“ – das Home Office wird uns hier… | |
Avantgarde der allein glückselig machenden Arbeit vorgestellt. Dabei steht | |
es oft für das exakte Gegenteil. Arbeiten im Home Office bedeutet für | |
viele: dem Fluch ständiger Erreichbarkeit zu unterliegen, eine unendliche | |
Vermischung von Beruflichem und Privatem – fast immer zugunsten der Arbeit | |
– zu erfahren, mit dienstlichen Problemen alleine zu Hause fertig werden zu | |
müssen, mangelnder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, fehlende | |
Solidarität in Konflikten. Auch wenn Mayer vermutlich nur mehr Effizienz | |
für ihr Unternehmen im Blick hat, so ist der Kollateralnutzen ihrer | |
Anordnung für die Mitarbeiter groß. | |
Dem entgegen stehen die Argumente, die das Heer der Home-Office-„Kreativen“ | |
selbst anführt, um ihre selbstverschuldete Unmündigkeit zu rechtfertigen: | |
Mittagsschlaf! Flexibilität! Arbeiten im Schlafanzug! All das ist gut und | |
schön. Schöner aber wird der Mittagsschlaf, wenn er von keinem dienstlichen | |
Anruf unterbrochen wird. Gemütlicher ist der Schlafanzug auf dem Sofa als | |
auf dem Bürostuhl. Flexibilität ist gut, wenn sie darin besteht zu | |
entscheiden, ob zuerst ein Buch zu Ende gelesen wird und dann gefrühstückt | |
oder umgekehrt. | |
Die Bereiche Arbeit und Freizeit gehören getrennt. [2][Und eine | |
30-Stunden-Woche für alle ist möglich.] Dieser Beitrag wurde nicht zu Hause | |
geschrieben. MAIK SÖHLER | |
27 Feb 2013 | |
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## AUTOREN | |
Lukas Abegg | |
Maik Söhler | |
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