# taz.de -- Papstwahl im Internet: Favoriten chancenlos | |
> Eine kanadische Internetplattform lässt Nutzer über den Papst abstimmen. | |
> Das Experiment zeigt, dass italienische Kardinäle nicht sonderlich | |
> populär sind. | |
Bild: Internetfavorit Peter Turkson (2.v.li.) hat immerhin schon einen päpstli… | |
ROM taz | Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen, aber der neue Papst steht fest: | |
Er heißt entweder Marc Ouellet aus Kanada oder Peter Turkson aus Ghana. Das | |
jedenfalls ist das bisherige Ergebnis der [1][Internet-Abstimmung „Vote for | |
Pope“], die von der Universität Montreal organisiert wird. | |
Das Ergebnis zeigt: Wer Papst wird, hängt auch vom Wahlsystem ab. Und: die | |
katholische Kirche hat nach Meinung der kanadischen Wissenschaftler trotz | |
ihrer komplizierten Entscheidungsfindung einen effizienten Weg gefunden, | |
ein neues Oberhaupt zu bestimmen. | |
Dabei geht es den Politologen der Université de Montreal rund um André | |
Blais weniger um die Person des nächsten Papstes, sondern um das | |
Wahlsystem. Seit langem forschen sie am Beispiel von Wahlen in Frankreich, | |
Mexiko oder Island daran, welchen Einfluss das Wahlsystem auf den Ausgang | |
der Abstimmung hat. | |
Deshalb haben sie vier verschiedene Wahlarten definiert und sechs Kardinäle | |
mit guten Wahlchancen im Netz zur Verfügung gestellt: Neben Turkson und | |
Ouellet noch den Argentinier Leonardo Sandri, den Bischof von Budapest, | |
Peter Erdö, und die beiden italienischen Kardinäle Angelo Scola aus Mailand | |
und den Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, ehemals zweiter Mann im | |
Vatikan. | |
## Favoriten chancenlos | |
Gewählt wurde nach verschiedenen Mustern: Reine Mehrheit (wer die meisten | |
Stimmen hat, gewinnt), erste und zweite Runde mit Stichwahl zwischen zwei | |
Kandidaten, absolute Mehrheit mit „alternativer Stimmgebung“ (Die Wähler | |
geben eine Reihenfolge ihrer Favoriten an, danach werden in mehreren | |
Schritten die Stimmen verteilt) und „Wahl durch Zustimmung“, wo jeder | |
Wähler mehreren Kandidaten seine Stimme gibt und derjenige gewinnt, der von | |
den meisten akzeptiert wird. Als Ergebnis lagen zweimal Turkson und zweimal | |
Ouellet knapp vorn. Die im wirklichen Leben favorisierten Italiener, vor | |
allem die graue Eminenz Tarcisio Bertone, landeten chancenlos auf den | |
hinteren Plätzen. | |
Politologe André Blais, der die Wahl organisiert, gibt schnell zu, dass es | |
nicht um eine Konkurrenz zur Wahl im Konklave geht, sondern um eine Studie | |
zum Wahlverhalten – und dass es bei seinen Wählern aus Kanada, den USA, | |
Italien, Frankreich, Belgien, Brasilien und Deutschland durchaus | |
„Präferenzen für einen Kandidaten aus Amerika oder aus Afrika gibt“. | |
Abgestimmt hätten bisher etwa 2000 Menschen, sagt Blais. Nicht viel im | |
Vergleich zu den 1,2 Milliarden Katholiken weltweit, aber immerhin 20mal | |
soviel wie die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle. Die müssen solange | |
wählen, bis sie einen neuen Papst mit Zweidrittel-Mehrheit finden: Ein | |
Wahlsystem, das so viel Zeit beansprucht, dass es Blais und seine Kollegen | |
nicht im Internet anbieten konnten. „Das System der katholischen Kirche | |
führt aber dazu, dass am Ende ein Kandidat gewinnt, der die maximale | |
Zustimmung seiner Wähler hat“, sagt der Forscher. „man bekommt vielleicht | |
nicht unbedingt den besten für den Job und es braucht eine Menge Zeit. Aber | |
man hat den größten Konsens.“ | |
Lob für die Papstwahl kommt auch von der Internetplattform „VoteNet“. Der | |
Einschluss im Konklave, bei dem die Kardinäle keine Verbindung zur | |
Außenwelt haben dürfen, unterbinde direkten Einfluss über Telefon oder | |
Internet. Auch sei die direkte Wahl unter Vertrauten „kaum zu hacken“, | |
heißt es, Anonymität und Sicherheit seien gut garantiert, das Interesse der | |
Öffentlichkeit groß. | |
Die Kirchenreformer vom deutschen Netzwerk „Wir sind Kirche“ finden die | |
Wahl eines eigenen Papstes im Internet allerdings keine himmlische | |
Eingebung: Das richte die Konzentration ganz auf eine Person, ehe man über | |
die Strukturen entschieden habe, die in der Kirche geändert werden müssten. | |
8 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.voteforpope.net | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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