# taz.de -- Regierung in Israel: Die neue Koalition steht | |
> Zum ersten Mal seit Jahrzehnten müssen die Ultraorthodoxen in Israel in | |
> die Opposition. Jair Lapid von der Zukunftspartei wird | |
> Erziehungsminister. | |
Bild: Künftig für Erziehungsfragen zuständig: Jair Lapid | |
JERUSALEM taz | Nach gut sechs Wochen harten Verhandlungen steht Israels | |
neue Regierungskoalition. Jair Lapid, Chef der Zukunftspartei, erkämpfte | |
für seine Fraktion den Posten des Erziehungsminsters, an dem die | |
Verhandlungen schon fast zu scheitern drohten. Im Gegenzug verzichtete der | |
Jungpolitiker auf das Innenministerium. | |
Neben Benjamin Netanjahus Bündnis aus Likud und der rechts-nationalen | |
Partei Israel Beteinu und der Zukunftspartei, zieht der rechts-religiöse | |
Naftali Bennett mit ins Kabinett. Die frühere Außenminsterin Zipi Livni | |
übernimmt den Chefstuhl im Justizministerium. Zum ersten Mal seit | |
Jahrzehnten müssen die Ultraorthodoxen wieder in die Opposition. | |
[1][Lapid], der schon kurz nach den Wahlen kundtat, dass er „beim nächsten | |
Mal Netanjahu als Ministerpräsident ablösen“ wird, ließ sich von dem | |
politkerfahrenen Chef im Regierungshaus Netanjahu nicht so leicht in die | |
Tasche stecken. Von Beginn an beharrte er darauf, entweder mit Bennett | |
zusammen in die Koalition zu gehen oder gar nicht. Die zwei Neulinge im | |
Kabinett werden Netanjahu in den kommenden vier Jahren noch einige | |
Kopfschmerzen bereiten, vor allem, wenn sie weiter zusammen arbeiten. | |
Beiden geht es in erster Linie um die Innenpolitik. Die [2][Rekrutierung | |
der Ultraorthodoxen] in die Armee hat höchste Priorität. Netanjahu trat in | |
dieser Frage bislang auf die Bremse. Lapid wird als künftiger | |
Wirtschaftsminister mit Haushaltsdefizit, Kürzungen und Steuererhöhungen zu | |
kämpfen haben. Bennetts größte Herausforderung dürfte die Gratwanderung | |
sein zwischen seiner Wählerschaft, den religiösen Zionisten, und den | |
Ultraorthodoxen, die schon jetzt berechtigte Sorge um die Finanzierung | |
ihrer Institutionen haben. | |
Wo Lapid und Bennett aneinandergeraten könnten, ist die Frage, wie jüdisch | |
Israel sein soll. Während es Bennett kaum jüdisch genug geht, kündigte | |
Lapid bereits an, dass er als erstes für öffentlichen Verkehr am Schabbat | |
sorgen will. | |
Auf verlorenem Posten im Kabinett scheint Zipi Livni, die die | |
Friedensgespräche mit den Palästinensern wieder aufnehmen will, um die | |
Zweistaatenlösung voranzutreiben. Ein Ziel, dass ihr künftiger Kollege | |
Bennett strikt ablehnt. Lapid hielt sich in außenpolitischen Fragen bislang | |
eher vage. Jerusalem werde „auf ewig ungeteilte Hauptstadt Israels | |
bleiben“, meinte er wiederholt, dennoch strebt auch er erklärtermaßen neue | |
Gespräche mit der PLO an. Dabei geht es ihm auch um eine Lockerung der | |
internationalen Isolation Israels und vor allem um die Beziehungen zum | |
Verbündeten im Weißen Haus. | |
Nur zu gern würde Lapid das Wirtschaftsministerium gegen das Außenamt | |
eintauschen. Den Stuhl von Israels Chefdiplomaten hält Netanjahu jedoch für | |
seinen Partner Avigdor Liebermann warm, solange der wegen eines | |
[3][Gerichtsverfahrens] verhindert ist. | |
14 Mar 2013 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
Susanne Knaul | |
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