# taz.de -- „taz“ auf der Leipziger Buchmesse 2013: Spreewaldgurken und Wei… | |
> Der Schriftsteller Jakob Hein erklärt am taz-Stand, warum man seinem Ding | |
> keinen Mädchennamen gibt, und Waldi Hartmann hält Jogis Jungs für | |
> Waldorfschüler. | |
Bild: Gemütlich auf der taz-Couch: Waldemar Hartmann. | |
LEIPZIG taz | „Ich möchte auf gar keinen Fall bei Facebook sein, dann | |
wüsste ich ja, wie wenig Freunde ich hab.“ Der Schriftsteller Jakob Hein | |
hat aber auch in der analogen Welt genug zu tun, schließlich ist er an 45 | |
Sonntagen im Jahr auf der Berliner Lesebühne und den Rest des Jahres als | |
Psychotherapeut beschäftigt - oder damit, [1][sein Reptilienblog] oder | |
Bücher zu schreiben. | |
Das neueste Buch heißt „Fish'n' Chips und Spreewaldgurken. Warum Ossis | |
öfter Sex und Engländer mehr Spaß haben“. Er hat es zusammen mit der | |
Neuberlinerin Jacinta Nandi verfasst. Nandi kommt aus London, Hein aus dem | |
Osten, und gemeinsam tauschen sich über Klischees und Wahrheiten ihrer | |
Heimat aus. | |
Am taz-Stand erzählen die beiden, wie sie sich kennen gelernt haben ( Sie: | |
„Du hast mich noch nie zu dir eingeladen!“ Er: „Ich habe bei dir Erdbeeren | |
ohne Sahne bekommen!"), und die taz-Moderatorin kassiert jede Menge Spott | |
von Hein für ihre Annahme, die „nackte Nana“ sei eine Umschreibung für ein | |
entblößtes männliches Geschlechtsteil. Hein: „Man gibt seinem Ding doch | |
keinen Mädchennamen! 'Ich zeig dir gleich meine Johanna?' Wohl kaum“. Nandi | |
entlarvt Nana als Kosewort für Großmutter. | |
Weiter mit Sex-Talk auf dem taz-Sofa: Nandi behauptet, die Ossis seien so | |
gute „Lecker“, weil sie früher immer bittere Gemüsesuppe von den Tellern … | |
Ferienlager lecken mussten. Hein wäre aber lieber in ein Arbeitslager in | |
Sibirien gegangen, als sich der DDR-Gastronomie auszuliefern. | |
## Teures Risiko V-Leute | |
Personalwechsel auf dem taz-Sofa: Winfried Ridder, selber 20 Jahre ein | |
hohes Tier beim Verfassungsschutz, ist ein kühler Analyst und Skeptiker | |
dieser Behörde. „Verfassung ohne Schutz“ heißt sein Buch. Er erklärt den | |
richtigen und falschen Umgang mit „menschlichen Quellen“, erzählt viel vom | |
RAF-Terror-Jahr 1977 und stellt die Frage nach Sinn und Perspektive des | |
Verfassungsschutzes. V-Leute seien ein teures Risiko, meint er. | |
Es sollte möglich sein, dass mehr Sachverstand aus der Zivilbevölkerung in | |
den Verfassungsschutz einfließt, so Ridder. Wäre er weniger Behörde und | |
mehr Institut, dann hätte er weiterhin eine Existenzberechtigung. Von der | |
Absurdität, dass Polizei und Verfassungsschutz in Doppelstrukturen | |
arbeiten, ohne sich dabei zu unterstützen, und dem anti-multikulturellen | |
Weltbild bei beiden Organen ist Ridder ebenso empört wie sein Publikum. | |
## Waldis Schulschelte | |
Richtig voll wird es natürlich, als Fernseh-Fußball-Weizenbier-Waldi | |
Waldemar Hartmann auf dem taz-Sofa Platz nimmt, um sein Buch „Dritte | |
Halbzeit. Eine Bilanz“ vorzustellen. Doch dann dreht sich das Gespräch um | |
Neid und Missgunst im Journalismus, und Hartmann verrät, woran man erkennt, | |
dass es Zeit ist zu gehen: „Wenn die Weihnachtskarten förmlicher und das | |
Hüsteln lauter wird“. Das hätte sein Kollege Harald Schmidt ihm mitgegeben. | |
Nie verstanden habe er, warum sich so viel Leute über seine Sendung „Waldis | |
Club“ aufregten. Diese Leute seien doch nicht nachts um halb zwölf ohne | |
Fernbedienung vor den Fernseher gefesselt gewesen. „Ich will den fetten | |
Bayern nicht sehen“, sei eine vollkommen legitime Haltung, aber die | |
„niveauloser Sportchauvinismus“-Beschimpfung bei ständig wachsender Quote | |
hätte ihn schon genervt. Genauso wie Zara Leanders Song aus seiner Kindheit | |
„Waldemar hat schwarzes Haar“. | |
Das Spiel der heutigen Nationalmannschaft sei zwar schön, so Hartmann, aber | |
die Jogi-Schule werde immer mehr zur Waldorfschule, bei der die Fußballer | |
nicht unbedingt Tore schießen müssten, wenn es sie „in ihrer | |
Gesamtentwicklung behindere“. Er sei da eher am Ergebnis orientiert: | |
„Erster muss man werden!“ | |
## Wassilis Machenschaften | |
Christiane Rösinger vertritt am Donnerstag bei ihrer Buchvorstellung eher | |
den „Dabei sein ist alles“-Standpunkt, schließlich ist sie im vergangenen | |
Jahr zum Eurovision Song Contest nach Baku in Aserbaidschan gefahren – mit | |
dem Auto. Darüber hat sie ein Buch geschrieben: „Berlin – Baku“. Die Rei… | |
brachte so einige Erkenntnisse, zum Beispiel, dass die georgische | |
Gastfreundschaft bei Wassili aufhört und die Kunde seiner Machenschaften | |
dank Internet die Grenzen des Kaukasus überwindet. | |
Aber wird der Kaukasus, diese Männerfantasie von Überfällen, Sex und Crime, | |
überbewertet, nur weil in den Bergen keine Sessellifte hängen? Nein! Aber | |
man sollte nicht bei Wassili übernachten. | |
15 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://blogs.taz.de/reptilienfonds/ | |
## AUTOREN | |
Julia Niemann | |
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