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# taz.de -- Schwulenbann bei US-Pfadfindern: Lieber hetero im Zeltlager
> Boy Scouts sind Vorbild, Tugendhüter – und heterosexuell. Nun stehen die
> Pfadfinder der USA wegen ihrer offenen Schwulendiskriminierung unter
> Druck.
Bild: Immer schön alles in Reih und Glied: Boy Scouts for der Zentrale in Irvi…
Bob ist 15, Pfadfinder, offen schwul und soll gemeinsam mit einem
heterosexuellen Jungen in einem Zelt schlafen. Ist das akzeptabel, ein
bisschen akzeptabel oder total inakzeptabel?
Zu dieser und anderen Fragen sollen sich mehr als 1,1 Millionen Mitglieder
der amerikanischen Boy Scouts derzeit in [1][einer Umfrage] verhalten. Ein
Novum in der Historie der Pfadfinder, die in ihrer langen Geschichte bisher
keine Fragen zur sexuellen Orientierung gestellt hat, weil es nichts zu
beantworten gab: Als Boy Scout hat man, Vorbild an Tugendhaftigkeit, das
Dreieckstuch akkurat um den Hals gebunden, die Uniform mit Bügelfalten,
heterosexuell zu sein. Offen schwul oder lesbisch sein würde eine nicht zu
akzeptierende Falte in der Kluft bedeuten.
Doch nun sieht sich die amerikanische Traditionsorganisation mit 2,7
Millionen jugendlichen Mitgliedern und mehr als einer Million erwachsenen
Freiwilligen mit einer öffentlich geführten Diskussion darüber
konfrontiert, ob ihr reaktionäres Gesellschaftsbild den gelebten Realitäten
entspricht. Im Juli 2012 kamen die Verantwortlichen nach einem zweijährigen
„Evaluierungsprozess“ erneut zu der Erkenntnis, am Ausschluss von schwulen
und lesbischen Mitgliedern festzuhalten. Fürs Leben lernen mag der
Wahlspruch der Pfadfinder sein, vom Leben jedoch nicht.
Ein Opfer dieser Entscheidung: Jennifer Tyrrell. Mutter von Cruz,
Pfadfinder. Sie ist offen lesbisch und wurde gezwungen, ihr freiwilliges
Engagement in der Gruppe ihres Sohnes in Ohio zu beenden. Nichts weniger
als die Tugend der Jugend scheint auf dem Spiel zu stehen. „Boy Scouts Of
America tragen seit mehr als einem Jahrhundert dazu bei, die künftigen
Eliten des Landes auszubilden“, heißt es im [2][Selbstverständnis der
Organisation].
„Ich fing an, Fragen zu stellen, es ging um Unregelmäßigkeiten bei den
Finanzen und dann bekam ich einen Anruf mit der Aufforderung, von meinen
Ämtern zurückzurücktreten“, sagt Tyrrell. Ihre sexuelle Orientierung
entspreche nicht den hohen Standards, die eine Mitgliedschaft bei den Boy
Scouts erfordere.
## Die hohen Standards
Die Boy Scouts finanzieren sich hauptsächlich über Mitgliederbeiträge sowie
Spenden und Sponsoren. Darunter sind auch Kirchen, unter deren Dach viele
lokale Zweige der Boy Scouts organisiert sind. Wertevermittlung schwebt
über allem: über den Zeltlagern, dem Popcorn-Verkauf für einen guten Zweck
und dem Gemeinschaftsgefühl. Konservative Werte, in der Menschen wie
Jennifer Tyrrell bis dato keinen Platz hatten.
[3][Tyrrell startete eine Petition], um die Diskriminierung bei den Boy
Scouts zu beenden. „342.000 haben unterschrieben und ich werde die Petition
aufrecht erhalten, bis die Diskrimierung aufhört“, so Tyrrell. Auch die
Alumini-Organisation [4][„Scouts for Equality“] setzt sich dafür ein, die
Boy Scouts zu öffnen und Väter und Mütter nicht an einem Engagement zu
hindern, nur, weil sie ein anderes Lebenskonzept haben. Nach der
Entscheidung der Organisation, an der Diskriminierung festzuhalten,
stoppten viele Unternehmen ihre finanzielle Unterstützung, zum Beispiel
„The Merck Foundation“, „UPS“, „Intel“, „United Ways“ und aktue…
Fast-Food-Kette „Chipotle“.
Im Januar schließlich bekam die Kontroverse neue Aufmerksamkeit als
öffentlich wurde, dass intern erneut über eine mögliche Aufgabe des
Schwulenbanns gesprochen wurde. Eine Öffentlichkeit, die, wie die [5][New
York Times] berichtet, so nicht intendiert war. Interviews verweigern die
Boy Scouts derzeit, eine Sprecherin verweist lediglich schriftlich auf die
aktuelle Umfrage und auf eine [6][Homepage], auf der der Verlauf der
Debatte dokumentiert wird.
Für die konservativen Unterstützer der Boy Scouts ist ein möglicher
Wertewandel schwer vermittelbar.„Homosexualität dreht sich per Definition
um sexuelle Anziehung und sexuelles Verhalten; Themen bei denen die meisten
Scouts-Eltern ernsthafte Bedenken haben“, schreibt etwa Rob Schwarzwalder
vom konservativen [7][„Family Research Council“], einem Unterstützer der
Boy Scouts. Auch viele Kirchen, so die Times, haben das Ende ihres
Engagements angekündigt, sollte der Bann fallen. In einer Gallup-Umfrage
vom Dezember 2012 sprechen sich 52 Prozent der Befragten gegen schwule
Führungspersonen bei den Boy Scouts aus.
Dem gegenüber stehen nicht nur die verloren gegangenen Sponsoren sondern
auch [8][Auftritte von Madonna] in einer Pfadfinder ähnlichen Uniform bei
einer schwul-lesbischen Veranstaltung am vergangenen Wochenende und Barack
Obama, der die Boy Scouts öffentlich aufgefordert hat, Homosexuelle nicht
zu diskriminieren. Frühestens bei der nationalen Jahrestagung der Scouts im
Mai soll das Thema entschieden werden. Aufgrund der „Komplexität“ des
Themas, so steht es derzeit auf der Informationsseite der Boy Scouts,
brauche man mehr Zeit, die Mitgliederpolitik zu bewerten.
20 Mar 2013
## LINKS
[1] http://www.dallasvoice.com/exclusive-boy-scouts-surveys-members-gay-ban-101…
[2] http://www.scouting.org/About.aspx
[3] http://www.change.org/petitions/boy-scouts-of-america-reinstate-cub-scout-l…
[4] http://www.scoutsforequality.com/
[5] http://www.nytimes.com
[6] http://www.scouting.org/MembershipStandards.aspx
[7] http://www.frc.org/
[8] http://www.glaad.org/blog/video-madonna-presents-anderson-cooper-vito-russo…
## AUTOREN
Rieke Havertz
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