# taz.de -- US-Diskussion um Irakkrieg: Kollektiv das Gedächtnis verloren | |
> Die Mehrheit der Amerikaner denkt, dass der Irakkrieg ein Fehler war. | |
> Doch wer eine kritische Auseinandersetzung sucht, wird nur schwer fündig. | |
Bild: Seit Beginn des Krieges sind 4.488 Särge mit SoldatInnen und Beschäftig… | |
WASHINGTON taz | Zehn Jahre nach der Invasion des Irak ist die Mehrheit der | |
US-AmerikanerInnen längst überzeugt, dass dieser Krieg ein Fehler war. Die | |
Gründe sind vielfältig: So gab es – anders, als damals behauptet – keine | |
Massenvernichtungswaffen im Irak; die angebliche Zusammenarbeit zwischen | |
dem damaligen Regime in Bagdad und al-Qaida war frei erfunden; seit Beginn | |
des Krieges sind 4.488 Särge mit SoldatInnen und Beschäftigten privater | |
„Sicherheitsunternehmen“ in die USA heimgekommen. | |
Zudem sind nicht einmal die – erklärten und die unausgesprochenen – | |
Kriegsziele der damaligen US-Regierung erreicht worden. Weder ist der Irak | |
heute eine stabile Demokratie, noch ist er ein verlässlicher US-Partner, | |
noch ist das irakische Öl fest unter US-Kontrolle. Und schließlich: Das | |
tiefe Loch im Staatshaushalt der USA wäre undenkbar ohne die beiden Kriege. | |
Allein der Irakkrieg hat bislang nach Informationen des | |
Wirtschaftsnobelpreisträgers Joseph Stiglitz mindestens 3 Billionen | |
US-Dollar verschlungen. Und künftig muss noch viel Geld unter anderem für | |
die Versorgung von VeteranInnen aufgebracht werden. | |
Doch wer anlässlich von Kriegsmüdigkeit und Jahrestag eine kritische | |
Auseinandersetzung mit dem Irakkrieg suchte, wird in den USA nur schwer | |
fündig. An der politischen Spitze und bei den großen Medien gilt der | |
Irakkrieg als erledigt – spätestens seit Ende 2011, als die USA ihre | |
letzten Kampftruppen abgezogen haben. Dabei sind weiterhin Tausende | |
US-AmerikanerInnen – dieses Mal im Dienst privater „Sicherheitsunternehmen�… | |
– im Irak. | |
Nur Antikriegsgruppen diskutieren in diesen Tagen über die menschlichen, | |
sozialen und politischen Kosten des Irakkrieges. Die kollektive Amnesie an | |
der Washingtoner Spitze kommt nicht von ungefähr. Zwar ist der gegenwärtige | |
Präsident auch schon vor zehn Jahren ein Gegner des Irakkriegs gewesen. | |
Barack Obama, damals Senator im Bundesstaat Illinois, sprach auf einer | |
Demonstration in Chicago von einem „dummen“ und „voreiligen“ Krieg. | |
## Krieg nur dank Demokraten | |
Aber an der Spitze seiner eigenen Partei war er relativ allein. Wenige Tage | |
später konnte US-Präsident George W. Bush am 16. Oktober 2002 das „Public | |
law 107-243“ unterschreiben, das alle Tore für den Einsatz von | |
militärischer Gewalt gegen den Irak öffnete. Im US-Senat stimmten 77 | |
SenatorInnen dafür und nur 23 dagegen. Die KriegsbefürworterInnen waren 48 | |
republikanische und 29 demokratische SenatorInnen. Ohne die demokratische | |
Zustimmung hätte Bush den Krieg nicht führen können. | |
Von jenen SpitzenpolitikerInnen, die Jahre später mit dem Irakkriegsgegner | |
Obama zusammenarbeiten sollten, haben fast alle für den Krieg gestimmt und | |
sich auch aktiv an den politischen Kriegsvorbereitungen beteiligt. Der | |
heutige Vizepräsident der USA, Joe Biden, war damals Chef des | |
außenpolitischen Komitees im Senat. Er entschied, dass | |
RüstungsinspektorInnen der Vereinten Nationen, die nach eigenen Recherchen | |
zu der Ansicht gekommen waren, der Irak habe kein Programm für biologische, | |
chemische und atomare Massenvernichtungswaffen, nicht vor dem Komitee | |
gehört wurden. | |
Die späteren AußenministerInnen Hillary Clinton und John Kerry saßen damals | |
ebenfalls im Senat und verließen sich auf die umstrittenen | |
Geheimdienstinformationen, mit denen Bush den Krieg propagandistisch | |
vorbereitete. Auch der heutige Verteidigungsminister Chuck Hagel sowie der | |
jetzige Chef der demokratischen Mehrheit im Senat, Harry Reid, stimmten | |
mit. Die derzeitige UN-Botschafterin Susan Rice sekundierte ihnen damals | |
mit Radio-Interviews, in denen sie den Krieg unterstützte. | |
20 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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