| # taz.de -- Anträge im Bundesrat: Feigheit vor den Verlagen | |
| > Bei Betreuungsgeld und Homo-Ehe nutzen SPD und Grüne ihre neue Mehrheit. | |
| > Wo es drauf ankäme, nämlich beim Leistungsschutzrecht, kneifen sie aber. | |
| Bild: Demonstranten fordern vor dem Bundesrat in Berlin die rechtliche Gleichst… | |
| BERLIN taz | Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung entfernen vor dem | |
| Gebäude des Bundesrats dicke Eisplatten vom Gehweg. Die Menschen, die auf | |
| dem Weg zur Arbeit an ihnen vorbeihasten, müssen auf die Straße ausweichen, | |
| denn ein kleiner Pulk versperrt an diesem Morgen den verbliebenen Platz. | |
| „Keine halben Sachen“ steht auf ihren Plakaten, und: „Verpartnert, 2 Kind… | |
| – keine Familie?“ | |
| Der Bundesrat befasst sich am Freitag mit einem Antrag zur Öffnung der Ehe | |
| für gleichgeschlechtliche Paare – eingebracht von mehreren SPD-geführten | |
| Ländern. Rund 70 Menschen sind deshalb einem Aufruf des [1][Lesben- und | |
| Schwulenverband (LSVD)] gefolgt. | |
| Zwei Frauen sind mit ihren Pflegekindern gekommen. „Wir wollen die beiden | |
| adoptieren, dürfe es aber nicht“, klagt eine. Berlins Regierender | |
| Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wird von der schwul-lesbischen Gruppe | |
| mit Buhrufen empfangen, weil Berlin sich bei dieser Abstimmung enthält. | |
| „Schweren Herzens“, wie Wowereit sagt. Der Koalitionspartner CDU hatte sein | |
| Votum eingelegt. | |
| ## SPD und Grüne dominieren die Länderkammer | |
| Der Gesetzentwurf kommt trotzdem durch, auch ohne Berlin. Denn seit der | |
| Niedersachsenwahl im Januar dominieren SPD und Grüne die Länderkammer – und | |
| nutzen das politisch aus. | |
| Am Freitag etwa beschließen die Länder einen Gesetzentwurf, der fordert, | |
| das umstrittene Betreuungsgeld abzuschaffen, noch bevor es in Kraft treten | |
| soll. „Wir müssen diesen gravierenden Fehler der Regierung korrigieren“, | |
| sagt Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil. Bayerns | |
| Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) wirft ihm vor, den Bundesrat | |
| für den Wahlkampf zu instrumentalisieren. „Das Betreuungsgeld kann nicht | |
| mehr verhindert werden“, verkündet sie stolz. | |
| Tatsächlich haben die Gesetzentwürfe, die die rot-grün-regierten Länder im | |
| Bundesrat vorlegen, kaum eine Chance, umgesetzt zu werden. Die | |
| schwarz-gelbe Bundesregierung kann sie im Bundestag in den Ausschüssen | |
| allesamt ablehnen. | |
| SPD und Grüne setzten vor allem auf die Symbolkraft. Etwa beim Thema | |
| Gleichstellung von Schwulen und Lesben: „Es ist eine historische | |
| Entscheidung. Erstmals gibt es eine bundesweite parlamentarische Mehrheit | |
| für die Öffnung der Ehe“, sagt Irene Alt, grüne Familienministerin in | |
| Rheinland-Pfalz, nach der erfolgreichen Abstimmung der taz. Von Wahlkampf | |
| könne keine Rede sein. „Wir müssen jetzt schnell vom Reagieren zum Agieren | |
| kommen“, sagt sie. Statt auf das nächste Urteil des | |
| Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung zu warten, solle die Politik | |
| endlich selbst tätig werden. | |
| ## Keine Zwischenrufe, kein Applaus, kein Streit | |
| Im Bundesrat redet niemand, der die Gleichstellung ablehnt. Im Vergleich | |
| zum Bundestag ist die Debatte wenig emotional. Keine Zwischenrufe, kein | |
| Applaus, kein Streit. | |
| Auch zu einem der im Vorfeld umstrittensten Punkte gibt es keine Debatte, | |
| lediglich eine Abstimmung. Der Bundesrat blockiert nicht das umstrittene | |
| Leistungsschutzrecht (LSR), das Presseverlagen ein Schutzrecht für ihre | |
| Inhalte im Internet verschafft. Im Bundestag lehnten SPD und Grüne das | |
| Gesetz noch ab, jetzt hätten sie es verzögern können. Doch anders als | |
| angekündigt, stimmten nicht alle SPD-geführten Länder gegen das Gesetz. Das | |
| Rot-Grün regierte Nordrhein-Westfalen wollte nicht mitziehen. Dort sitzen | |
| wichtige Verlage wie WAZ und Bertelsmann. Ein Zusammenhang ist nicht | |
| ausgeschlossen. | |
| Die SPD versucht am Freitag, diese Blamage zu rechtfertigen. Man könne das | |
| Gesetz nur verzögern, aber nicht verhindert, erklärte SPD-Kanzlerkandidat | |
| Peer Steinbrück. Wenn er im Herbst Kanzler werde, wolle er ein eigenes | |
| Gesetz erarbeiten. Warum die SPD das Leistungsschutzrecht bis dahin nicht | |
| hinauszögert, bleibt aber unklar. | |
| 22 Mar 2013 | |
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| [1] http://lsvd.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Paul Wrusch | |
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