# taz.de -- Krise in Zypern: Vor dem Ansturm | |
> Mehr als 100 Euro gibt's vorerst nicht. Bevor die zyprischen Banken am | |
> Donnerstag wieder öffnen sollen, wird noch über Beschränkungen für den | |
> Kapitalverkehr diskutiert. | |
Bild: Die Wut ist groß: Studentinnen beim Protest gegen die Sparmaßnahmen. | |
NIKOSIA/BERLIN afp/dpa/rtr | Zypern bereitet sich auf einen Ansturm auf | |
seine Banken vor. Bevor diese am Donnerstag erstmals seit Mitte März wieder | |
öffnen sollen, feilt das mit Milliarden-Hilfen gerade erst gestützte | |
Euro-Land an Kontrollen und Einschränkungen für den Kapitalverkehr. | |
Abhebungen wurden vorerst auf einhundert Euro begrenzt, weitere Maßnahmen | |
zum Schutz vor einer massiven Kapitalflucht sollten noch am Mittwoch | |
bekanntgegeben werden. Ob die Ankündigung zur Wiedereröffnung der Banken | |
eingehalten werden kann, ist jedoch noch ungewiss. | |
Mit den Beschränkungen soll verhindert werden, dass verunsicherte | |
Bank-Kunden wegen der Aufregung um einen Zwangsbeitrag zu dem Rettungspaket | |
ihre Gelder im großen Stil abziehen. Die Proteste der Bevölkerung gegen die | |
harten Sparauflagen der internationalen Geldgeber waren zuletzt stärker | |
geworden. Die Bürger fürchten nicht nur um ihre Ersparnisse, sondern auch | |
um ihren Job. | |
„Die Banken werden am Donnerstag öffnen“, bekräftigte Zyperns | |
Finanzminister Michael Sarris. „Wir werden den besten Weg wählen, um die | |
Wahrscheinlichkeit zu limitieren, dass große Summen von Geldern | |
verschwinden.“ Gleichzeitig sollten negative Auswirkungen auf Unternehmen | |
und damit die ohnehin in der Rezession steckende Wirtschaft begrenzt | |
werden. | |
Nach Angaben der zyprischen Handelskammer sollen inländische Transaktionen | |
nicht betroffen sein. Bei Überweisungen ins Ausland und Abhebungen, um Geld | |
aus dem Land zu schaffen, werde es aber Restriktionen geben. | |
## Verunsicherte Bürger | |
Zypern ist vor allem wegen seines überdimensionierten Finanzsektors in | |
Schieflage geraten. Spätestens seit dem Schuldenschnitt für Griechenland | |
sind die zyprischen Banken marode. Nun sollen sie – als Gegenleistung für | |
die zehn Milliarden Euro umfassenden Hilfen von EU und Internationalem | |
Währungsfonds (IWF) – radikal schrumpfen. | |
Die zweitgrößte Bank des Landes Laiki wird sogar geschlossen, reiche | |
Bank-Kunden sollen einen Großteil ihres Geldes verlieren und damit einen | |
Sanierungsbeitrag leisten. Eine zunächst angedachte Beteiligung der | |
Kleinsparer ist zwar wieder vom Tisch, verunsicherte die Bürger aber sehr. | |
Zypern hat viele Jahre mit niedrigen Steuern, hohen Zinsen und laxen | |
Kontrollen große Summen aus dem Ausland angelockt, vor allem von reichen | |
Russen und Briten. Russlands Finanzminister Anton Siluanow warnte Zypern | |
nun, unnötige Kontrollen bei gesunden Banken einzuführen. | |
Er machte von dieser Frage auch die Gespräche abhängig, Zypern einen | |
russischen Kredit im Volumen von 2,5 Milliarden Euro zu verlängern und mit | |
besseren Konditionen zu versehen. Trotz geschlossener Banken sollen bereits | |
größere Summen von Ausländern in Sicherheit gebracht worden sein. | |
Die Filialen der größten zyprischen Banken in London zum Beispiel wurden | |
nicht dichtgemacht. Dort gab es auch keine Limits für Abhebungen. Details | |
oder offizielle Bestätigungen für den Abfluss von Geldern gab es aber | |
nicht. | |
## Bankenvorstände entlassen | |
Die Geldgeber-Troika Zyperns und die Regierung des kleinen Krisenstaates | |
haben inzwischen beschlossen, die Vorstände der beiden großen zyprischen | |
Banken, Bank of Cyprus und Laiki Bank zu entlassen. Dies teilte am Mittwoch | |
die Sprecherin der Zentralbank, Aliki Stylianou, mit. | |
Informationen über einen Rücktritt des Chefs der Notenbank, Panikos | |
Demetriades, wurden indes aus offiziellen Quellen nicht bestätigt. Mit der | |
Entlassung der Vorstände der beiden Banken solle ihre Sanierung erleichtert | |
werden, hieß es. Die Zentralbank hatte zuvor eine Insolvenzverwalterin für | |
die Laiki Bank und einen Verwalter für die Bank of Cyprus eingestellt. | |
Die Rating-Agentur Moody's hat derweil die EU-Regierungen vor einer | |
Selbstüberschätzung bei der Bewältigung der Euro-Krise gewarnt. Auch nach | |
ihrem ungeschickten Vorgehen zur Rettung Zyperns seien die Politiker | |
offenbar davon überzeugt, ein Übergreifen der Krise auf weitere Euro-Länder | |
verhindern zu können, sagte Moody's-Experte Bart Oosterveld. „Wir gehen | |
davon aus, dass diese Zuversicht fehl am Platze sein könnte.“ | |
## Rückendeckung für Deutschland | |
In Deutschland wächst in der Bundesregierung und den Koalitionsparteien der | |
Unmut über heftige Vorwürfe in Zypern gegen die Rolle Deutschlands. | |
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch, die Entscheidungen in | |
der Euro-Gruppe würden von den beteiligten Staaten gemeinschaftlich | |
getroffen: „Sie werden deswegen auch in der Öffentlichkeit oder sollten in | |
der Öffentlichkeit vertreten werden von allen Euro-Staaten und der | |
Europäischen Kommission.“ | |
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mahnte konkret | |
von den Spitzen der EU und der Partnerländer mehr Rückendeckung für | |
Deutschland an, wenn es um die Verantwortung für schmerzhafte Einschnitte | |
gehe, die dem Land als Gegenleistung für Finanzhilfen abverlangt werden. | |
Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van | |
Rompuy sollten Deutschland gegen unfaire Kritik verteidigen, forderte die | |
FDP-Politikerin. | |
27 Mar 2013 | |
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