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# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Das Schöne und der Markt
> Am „Cyprus Women’s Cup“ nehmen die besten Frauenfußballnationen der We…
> teil. Trotzdem ist die Zukunft des Frauenfußballs fraglich.
Bild: Die Zyprerinnen stehen in der Fifa-Weltrangliste vor den Zyprern.
Tun wir für einen Moment mal so, als ob Fußball gar kein Sport wäre.
Stellen wir uns vor, es ginge hier bloß um Symbolisches. Ende März traf die
Schweiz, also ein Land, dessen nationale Identität ganz wesentlich von der
Stabilität seiner Banken geprägt ist, auf Zypern. Das Spiel wollten nur
1.000 Fans im Stadion sehen, es endete 0:0. Kurz interpretiert: Die
Bankernation hatte nichts in zyprische Netze zu versenken, und das als
bankrott geltende Mittelmeerland hatte nichts mehr zum Verschießen.
Aber Fußball ist halt doch Sport, eine Veranstaltung mit offenem Ausgang.
Also sind immer Überraschungen möglich, etwa vor einem Jahr das Erreichen
des Viertelfinals der Champions League durch Apoel Nikosia. Dass aber
gegenwärtig viele vergeblich auf Investitionen in den zyprischen Fußball
hoffen, deutet an, dass der Fußball letztlich eine kapitalistische
Veranstaltung ist. Nur halt eine mit Überraschungen.
Es gibt nämlich auch schöne Nachrichten aus Zypern: „Frauenfußball verdient
seinen Platz an der Sonne“. So titelt die Tageszeitung Cyprus Mail über den
Cyprus Women’s Cup, ein großes Fußballturnier, das auch diesen März wieder
stattfand. Während die nationale Männerliga von der Laiki Bank gesponsert
wird, die gerade zerschlagen wird, zeigt der internationale Frauenfußball,
dass das Land eine Zukunft haben könnte.
Man beachte allerdings den Konjunktiv. Denn dass die Balltreterei, zumal
die der zyprischen Frauen, die auf der Fifa-Weltranglistenplätze auf Platz
104 vertreten sind (immerhin besser als die Männer auf 133), wirklich das
Land rettet, behauptet niemand.
## Zwei Schweden in Zypern
Schade, denn der Cyprus Women’s Cup ist ein Topereignis, das zur
Vorbereitung der großen Turniere – in diesem Jahr der Europameisterschaft
in Schweden – gespielt wird. Es hat sich in den letzten Jahren einen
Stellenwert erarbeitet, der dem des Algarve Cups in Portugal nicht
nachsteht. Organisiert von dem Turnierdirektor Urban Norstrom und der
schottischen Nationaltrainerin Anna Signeul, beide sind Schweden, findet
der Cup seit 2008 statt.
Spitzenteams wie England, Kanada, Niederlande Italien oder Südafrika treten
an. Anna Signeul glaubt sogar, dass ihr Turnier den Algarve Cup
mittlerweile überholt hat. Dass das stimmt, darf getrost bezweifelt werden,
spielten doch dort in diesem Jahr beispielsweise mit Turniersieger USA, dem
Zweiten Deutschland, mit Norwegen, Schweden und China die Topteams der
letzten Jahre. Aber einen Grund, sich zu verstecken, hat der
Turnierveranstalter Zypern dennoch nicht. „Viele Länder rufen uns an, dass
sie teilnehmen wollen“, berichtet Signeul und bedauert, den meisten absagen
zu müssen: „Wir müssen die Qualität steigern, nicht die Quantität.“
Viel Geld fließt hier nicht. Dabei läge in Zypern viel Fußballgeld.
Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch soll in eine zyprische Firma investiert
haben. Newcastle-Boss Alexei Mordashov ist, nach Angaben von Forbes sehr
vielfältig auf der Insel engagiert, und Dmitri Rybolowlew, der Eigentümer
des AS Monaco, ist sogar größter Einzelaktionär der umstrittenen Bank of
Cyprus.
## Dispo von Bayerns Festgeldkonto
Aber die legendären Oligarchen haben ihr Geld nicht in den zyprischen
Fußball investiert. Die Kickerei der Männer krepelt derzeit mit 50
Millionen Euro Liga-Schulden – die, nebenbei gesprochen, dem Dispo des
Festgeldkontos von Bayern München entsprechen dürften – vor sich hin, und
manche Klubs können sogar 2.000 Euro fürs abendliche Flutlicht nicht mehr
aufbringen.
Da investiert erst recht keiner in den Frauenfußball. Dabei machen die
Cyprus-Cup-Organisatoren nichts falsch. Sie stellen die Stärke der Insel
heraus: das angenehme Klima, die guten Unterkünfte, die kurzen Wege und die
schönen Stadien. Wie lange man sie das noch machen lässt, entscheiden die
hässlichen „Märkte“ oder die EU. Dass aber die Zukunft schöner sein kön…
als der Kapitalismus, das lernen wir gerade vom Frauenfußball auf Zypern.
12 Apr 2013
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Zypern
Frauenfußball
Krise
Fußball
Fifa
Auslosung
Europa League
HSV
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