| # taz.de -- Wahlkampf in Venezuela: Vorwärts mit Versprechen | |
| > Wochenmärkte, höhere Löhne und mehr Wohnungen: Das verspricht der | |
| > Kandidat der Chávez-Partei, Nicolás Maduro. Seinen Konkurrenten, Henrique | |
| > Capriles, geht er hart an. | |
| Bild: Hier ohne „Kochbanane“: Maduro beim Wahlkampf in Valera. | |
| CARACAS taz | Die Musikband spielt Salsarhythmen. Nicolás Maduro springt | |
| auf die Bühne. Der Präsidentschaftskandidat der Partei des verstorbenen | |
| sozialistischen Exstaatschefs Hugo Chávez ist der Star der Veranstaltung. | |
| Er greift sich die Claves, nimmt mit den zwei Holzstäben den Rhythmus auf, | |
| wechselt zu den Trommeln. Ein Wirbel, frei und gekonnt. Er geht ans Mikro | |
| und fällt in den Gesang der Band ein: „Quien quiere futuro, vota por | |
| Maduro“ – wer Zukunft will, stimmt für Maduro. | |
| Eine Viertelstunde schon dauert das Konzert. Die in Rot gekleidete Menge | |
| tanzt, klatscht, ruft und schwitzt unter der senkrecht stehenden | |
| Mittagssonne vor dem Präsidentenpalast Miraflores in Caracas. Vor vier | |
| Wochen herrschte in der Hauptstadt noch tiefe Trauer über den Tod von Hugo | |
| Chávez am 5. März 2013. Im Oktober 2012 erst war Chávez wiedergewählt | |
| worden. Nachdem er seinem Krebsleiden erlegen ist, wählen die Venezolaner | |
| am Sonntag erneut. | |
| Venezuelas Präsidentschaftswahlkampf ist kurz und heftig. Die antretenden | |
| Personen wie Nicolás Maduro und der Oppositionspolitiker Henrique Capriles | |
| von der Allianz aus 20 demokratischen Kleinparteien standen schnell fest, | |
| aber die insgesamt sieben KandidatenInnen haben nur zwei Wochen Zeit, die | |
| knapp 19 Millionen Stimmberechtigen zu überzeugen. | |
| ## Eine Kopie des vorherigen Wahlkampfes | |
| Henrique Capriles hatte im Oktober die letzte Präsidentschaftswahl gegen | |
| Hugo Chávez verloren. Im Dezember jedoch hat Capriles als einer von zwei | |
| oppositionellen Gouverneuren die Wiederwahl im Bundesstaat Miranda | |
| geschafft. Wenig auszuwählen hatten auch die Chavistas. Chávez hatte noch | |
| vor seiner Krebsoperation den damaligen Vizepräsidenten Nicolás Maduro als | |
| seinen Nachfolger bestimmt. | |
| Für große Programmdebatten fehlte ebenfalls die Zeit, und so ist der | |
| Wahlkampf in weiten Teilen eine Kopie des vorherigen. Die Themen der | |
| Opposition sind die Gewalt und mangelnde Sicherheit, die schlechte | |
| Versorgung mit allem und die miese Infrastruktur – dieselben Themen wie vor | |
| ein paar Monaten. | |
| Nur der Umgangston hat sich verschärft. Dass Capriles bei der letzten Wahl | |
| Chávez nicht namentlich attackierte, wurde als ein Grund seiner Niederlage | |
| gewertet. Diesmal geht er gegen „Nicolás“ vor, gibt sich noch | |
| siegessicherer als im Oktober und versucht so, die fehlende Million von | |
| Stimmberechtigten zu mobilisieren. | |
| ## Maduro, Sohn des Volkes | |
| Maduro ist nicht zimperlich. Ganz nach der Art seines Ziehvaters Chávez | |
| nennt er Capriles einen Faschisten, dem das Volk am Sonntag eine „maduro“, | |
| eine Kochbanane, reinstecken werde. Maduro spielt damit auf die immer | |
| wieder gestreuten Gerüchte an, Capriles sei schwul. Und Maduro versichert, | |
| Volk und Armee werden das Werk des Comandante verteidigen. | |
| Auf der Wahlveranstaltung „Marsch der Arbeiter“ ist von der Aggressivität | |
| erstaunlich wenig zu spüren. „Wie geht es der venezolanischen | |
| Arbeiterklasse?,“ fragt Maduro in die Menge. „Gut,“ ruft die Menge zurüc… | |
| Mit gutem Timing haben die Chefs der Wahlkampagne die Arbeiter wenige Tage | |
| vor der großen Abschlusskundgebung aufmarschieren lassen. Die Botschaft: | |
| Hier steht der zukünftige Präsident der Arbeiter, der Sohn des Volkes. | |
| Arbeiterklasse, Volk und Bourgeoisie sind die Schlüsselbegriffe seiner | |
| Rede. | |
| ## „Mein neuer Verlobter“ | |
| „Letztes Jahr hatten wir 20 Prozent Inflation und eine | |
| Mindestlohnsteigerung von 32 Prozent“, leitet Maduro zu seiner wichtigsten | |
| Ansage über. „Dieses Jahr werden wir stufenweise den Mindestlohn wieder | |
| über die Inflationsrate anheben“, kündigt er an und nennt Zahlen: im Mai 20 | |
| Prozent, im September 10 Prozent und im November noch mal 10 oder 12 | |
| Prozent. | |
| Dazu wird es einen sozialen Wohnungsbauplan für Arbeiter geben, und mit | |
| neuen Arbeiterwochenmärkten wird die Versorgung garantiert. Woher all das | |
| Geld für die großen Wahlversprechen kommen soll, fragt niemand. Die Antwort | |
| ist im Ölstaat Venezuela zu offensichtlich. Kein einziges Mal spricht er | |
| das Wort Sozialismus aus und Revolution nur als unterstreichendes Adjektiv. | |
| Auf Ritas Oberarm prangt das Konterfei des Comandante. „Chávez ist tot, | |
| jetzt bin ich Witwe. Aber das ist mein neuer Verlobter“, zeigt sie auf | |
| Maduro. Der Schnauzbart wird gewinnen, ist sich die 43-Jährige sicher. Für | |
| die Chavistas geht es nur darum Maduro ins Amt zu bringen. Zehn Millionen | |
| Wahlstimmen hat der Kandidat als Ziel vorgegeben. Ob ihm das gelingt, ist | |
| fraglich. Dass er gewinnt, scheint sicher. | |
| 12 Apr 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Vogt | |
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