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# taz.de -- Die Wahrheit: Haiopfer von Komiker verhöhnt
> Neues aus Neuseeland: Weniger begnadete Humoristen sollten sich von
> Tragischem fernhalten. Auch wenn es um Stachelrochen geht.
Sexuellen Missbrauch zynisch-masochistisch zu verpacken, das bringt nur
Sarah Silverman fertig: „Ich wurde von einem Doktor vergewaltigt. Was für
ein jüdisches Mädchen so bittersüß ist.“ Autsch. Larry David von „Curb …
Enthusiasm“ baut gerne den Holocaust in seine Comedy ein. Der kann und darf
das.
Weniger begnadete Humoristen sollten sich von Tragischem fernhalten – vor
allem wenn sie Anthony Jeselnik heißen. Den kenne ich auch erst, seitdem
ich ihn nicht sehen darf. Denn eine Folge seiner US-Sendung wurde für
Neuseeland aus Pietätsgründen im Internet gesperrt. Dabei geht es nicht um
Gaskammern, sondern um Haie.
Jeselnik hat in seiner Beleidigungsshow „The Jeselnik Offensive“ bereits
Krebskranke aufs Korn genommen. Jetzt besudelte er das Andenken von
Neuseelands letztem Haiopfer aufs Blutigste. Im März wurde Adam Strange –
Filmemacher, Familienvater und Surfer – in den Wellen vor Muriwai beim
Schwimmen von einem weißen Hai zerfleischt.
Das war ein Schock, nicht nur in dem beliebten Strandort vor Auckland,
sondern für ganz Neuseeland. In den letzten 200 Jahren hat es nur ein
Dutzend solcher Attacken gegeben. Um Adam Strange wurde öffentlich
getrauert.
Die gruselige Nachricht diente Jeselnik als Steilvorlage, um zu
beklatschen, dass endlich mal ein Mensch von einem Meerestier gekillt wurde
als andersherum. „Wurde er getötet?“, fragte er sein lachendes Publikum.
„Darauf könnt ihr euren Arsch verwetten, er hatte eine Familie und alles!“
Noch mehr Gelächter, dann umtänzelten ihn ein paar Go-go-Girls in
Hai-Kostümen.
„Wenn ein Hai einen Menschen frisst, muss man ihm danken“, verkündete der
Provokateur und blendete ein Foto von Strange ein: „Lächle, du
Son-of-a-bitch!“ Ein blutender Surfer tauchte auch noch auf. Es folgten die
nächsten Gags: Präsident Obama schwul und Porno beim Autofahren. Alles
Brüller. Nur die Lebensretter in Muriwai, die Adam Stranges Leiche geborgen
hatten, konnten nicht lachen.
Dabei lässt sich schnell vergessen, wie tragikomisch das war, als
Krokodilfänger Steve Irwin von einem Stachelrochen erlegt wurde. Ja, wir
haben übel gespottet, die wir weder Angehörige, Fans noch eingefleischte
Australier sind. US-Komiker und Politkommentator Bill Maher hatte damals
sogar die richtige Verkleidung zum Trauerfall parat: Er trug ein
Safarihemd, in dessen blutverschmierter Brust der Killerstachel steckte.
Immerhin hatte er sich nicht noch eine lebensgroße Puppe unter den Arm
geklemmt, die wie Irwins multivermarktete Tochter Bindi aussah. Der makabre
Zoowärter-Look wurde kurz darauf auch in Neuseeland ein beliebtes Kostüm
für Halloween-Partys.
Letzte Woche dann der nächste Todestier-Ausrutscher in Florida: Das
Baseball-Team der Tampa Bay Rays schickte einen Witzbold im
Stachelrochenkostüm als Maskottchen ins Stadion. Er hielt ein Schild hoch,
auf dem stand, was es noch zu tun gäbe – der Name „Steve Irwin“ war als
erledigt durchgestrichen. Noch darf ich mir diese Abscheulichkeit
unzensiert im Internet anschauen … noch.
17 Apr 2013
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Komiker
Comedian
Haie
Maori
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Hollywood
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