# taz.de -- Die Wahrheit: Muslimhass mit Messer | |
> Neues aus Neuseeland: Der Abgeordnete Richard Prosser übt sich in dumpfer | |
> Islamophobie, die jedem Neonazi Ehre machen würde. | |
Sicherheitskontrollen am Flughafen kitzeln das Schlechteste im Menschen | |
hervor. Das weiß jeder, der schon mal in den USA einchecken musste. Dennoch | |
hat gerade niemand Mitleid mit Richard Prosser, der erstaunlicherweise noch | |
immer als Abgeordneter der fremdenfeindlichen, aber bisher salonfähigen „NZ | |
First“-Partei im neuseeländischen Parlament sitzt. Mit nur 538 Stimmen | |
schaffte er es hinein – mit seiner eigenen Polemik ebnete er sich gerade | |
den Rausschmiss. | |
Das Ganze fing am Flughafen von Christchurch an. Dort wurde Prosser das | |
Taschenmesser aus dem Handgepäck konfisziert. Steht ja auch groß und breit | |
auf sämtlichen Schildern, dass das nicht mitdarf. Menschen des öffentlichen | |
Lebens neigen in ihrer Selbstüberschätzung aber gern dazu, Misslichkeiten | |
des Alltags zum Politikum zu erheben – wofür hat man schließlich einen | |
medialen Wirkungsradius? | |
Ganz klar: Al-Qaida war schuld daran, dass Prosser so übel mitgespielt | |
wurde. Um eine Stichwaffe ärmer holte Prosser zum Gegenschlag aus und | |
erbrach in seiner Kolumne im rechten Magazin Investigate einen Schwall an | |
dumpfer Islamophobie, die jedem Neonazi Ehre machen würde. | |
Unter der Schlagzeile „Staatsfeinde“ hatte er praktische Antirerrortipps | |
für den Flugverkehr anzubieten: „Falls Sie ein junger Mann sind, zum | |
Beispiel 19 oder 35, und Muslim sind oder wie ein Muslim aussehen oder aus | |
einem islamischen Land stammen, dann sollten Sie nicht auf einer der | |
westlichen Fluglinien reisen dürfen.“ | |
Ein paar Zeilen später mokierte er sich über das „traurige Pack | |
frauenfeindlicher Höhlenmenschen aus Wogistan“. „Wogistan“ kann man frei | |
mit „Kanackenland“ übersetzen. Da wohnen die „wogs“, wie nicht besonde… | |
differenzierte Australier ihre dunkelhäutigen Einwanderer titulieren. | |
Prosser weiß sich international zu artikulieren. Und hat außer dem globalen | |
Flugverbot für Muslime gleich noch weitere Sicherheitsvorschläge auf Lager: | |
Schleierverbot für alle Musliminnen in Neuseeland, und Taxifahrer und | |
Bankangestellte sollten stets bewaffnet sein. | |
Nicht nur neuseeländische Muslime nahmen an Prossers primitiver | |
Fremdenfeindlichkeit Anstoß. Jeder, der dem Höhlenmenschenstadium | |
entwachsen ist, empörte sich öffentlich über die rassistische Rhetorik. Nur | |
nicht Winston Peters, Parteivorsitzender von „NZ First“ und peinlicher | |
ehemaliger Außenminister. | |
Anstatt seinen xenophoben Wüterich nach Sonstwohinistan zu schicken, rang | |
Peters ihm nur eine halbgare Entschuldigung ab. Weil die nicht als ehrlich | |
genug gewürdigt wurde, fühlt sich Prosser jetzt auch noch als Medienopfer. | |
Er habe doch nur ausgesprochen, was alle am Tresen denken. | |
Der hemdsärmelige Bartträger, der sich früher um Bewässerung in der | |
Landwirtschaft kümmerte, will noch andere Übeltäter stoppen: Die angeblich | |
fehlgeleiteten Irren, die an den Klimawandel glauben. Irgendwie werden die | |
auch an dem Taschenmesser-Debakel mit schuld sein. Das Teil hängt übrigens | |
noch immer am Flughafen fest. Inschallah. | |
20 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
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