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# taz.de -- Kommentar Rente mit 67: Jeder und jedem nach eigener Fasson
> Die Reformen der vergangenen 15 Jahre haben die gesetzliche Altersrente
> weitgehend zerstört. Neue Modelle müssen her.
Man mag die Rente mit 67 für unsozialen Schwachsinn halten: Sie verringert
die Rentenbeiträge der Lohnarbeitenden kaum. Sie straft diejenigen, die
durch harte Arbeit und Lebensumstände ohnehin früh altern, mit
Altersarbeitslosigkeit und gekürzter Rente. Und so weiter, alles gesagt.
Aber die Rente mit 67 wird aller Voraussicht nach kommen, und sie wird
geburtenstarke Jahrgänge und entsprechend viele WählerInnen treffen. Dann
wird es spannend: Wird sich genügend politischer Druck aufbauen, das
deutsche Rentensystem umzustülpen?
Denn parallel zum Anwachsen der Altersarmut werden sich immer mehr Leute
melden, die gern auch bis 70 und länger arbeiten wollen. Die Ära des
(halbwegs) einheitlichen Rentenzugangs geht nicht vorüber, weil plötzlich
alle so freiheitlich und individualistisch gesonnen sind. Sondern weil der
hochflexible Arbeitsmarkt die einen noch will – und die anderen nicht. Weil
der eine noch kann oder muss – und die andere nicht. Bestehende
Ungleichheiten werden durch ein ungerechtes Gesundheitssystem und die
Unwucht der Erbschaftsverteilung verstärkt.
Vielleicht wird das öffentliche soziale Bewusstsein ausreichen, um noch
einmal einen ganz großen Hebel anzusetzen. Eine Möglichkeit ist, die
Schleuse der Erwerbsunfähigkeitsrente wieder zu öffnen. Das ist in Europa
weit verbreitet und wird von den hiesigen, bürostuhlgepolsterten
Sozialstaatsverächtern gern belächelt. Dazu bedarf es natürlich großzügiger
medizinischer Atteste.
Aber es gibt auch eine andere, vielleicht reizvollere Option: Rente nach
Beruf. Dann könnten die vielzitierten Dachdecker oder Gerüstebauer mit 58
eine volle Rente bekommen, während die SelbstverwirklicherInnen im
Journalismus oder an den Universitäten bis, sagen wir: 72 arbeiten dürften.
Ganz fremd ist das dem Renten- und Pensionssystem nicht. In manchen Sparten
– bei der Bundeswehr zum Beispiel – ist ein sehr früher voll versorgter
Ruhestand bereits möglich. Was spricht dagegen, einmal alle bekannten Daten
über die beruflichen Belastungen einer Altenpflegerin mit denen eines
Angestellten in einem Landesamt zu vergleichen – und daraus Schlüsse für
den Verrentungszeitpunkt zu ziehen?
Schwierig zu rechnen, neue Schieflagen? Klar. Aber die Summe der aktuellen
Ungerechtigkeiten im Sozial- und Rentensystem ist auch nicht hinnehmbar.
Die Reformen der vergangenen 15 Jahre haben die gesetzliche Altersrente
weitgehend zerstört. Zeit für etwas Neues.
17 Apr 2013
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
## TAGS
Rente
Arbeitsmarkt
Altersarmut
Frührente
Altersarmut
Rente
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