# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die vierte Gewalt passt auf | |
> Die NSU-Prozess-Lotterie lässt uns dank „Brigitte“ endlich Antworten | |
> hören. Antworten auf drängende Fragen wie „Wie lebte es sich mit zwei | |
> Männern?“ | |
Bild: Berichterstattung im Kasten: NSU-Prozess-Tombola. | |
Hallo taz-Medienredaktion! | |
Die Brigitte also. Und „Radio Lotte Weimar“ haben das große Los gezogen und | |
dürfen über das NSU-Verfahren berichten. Na, da ist doch die | |
Kontrollfunktion der vierten Gewalt in diesem Land gesichert. Antworten auf | |
die Fragen: „Wie lebte es sich mit zwei Männern?“, „Ungeschminkt am | |
Frühstückstisch?“ ebenso wie die „Top-Ten-Hits des Terror-Trios“ werden… | |
bald nicht länger fremd sein. | |
Um meine Laune etwas zu heben, überlege ich, drei Wochen lang die FAZ zu | |
testen. Die wird mir nämlich zusammen mit der FAS für 8,78 Euro | |
nachgeschmissen. Was für sich genommen ja noch nicht die Laune hebt. Aber, | |
Obacht, es gibt einen ferngesteuerten Hubschrauber dazu. Das hat mir im | |
ersten Moment wahnsinnig gut gefallen. Unten, auf dem Boden der Tatsachen, | |
die knallhart recherchierten Informationen und die klugen Gedanken vom | |
Wortführer der neuen Linken, Frank Schirrmacher, oben, im Himmel, der Spaß. | |
Die Grenzenlosigkeit. Dem Flugobjekt als Sinnbild der freien Gedanken beim | |
Kreisen zuschauen. | |
Das hat die Seite in mir angesprochen, die sich Martin Walser nahe fühlt, | |
und mir entsprechend gut gefallen. Aber nur so lange, bis mir die Frage | |
unter den Helm kam, was das für Leute sein mögen, die sich für ein | |
Zeitungsprobeabo entscheiden, weil sie dann mit einem ferngesteuerten | |
Hubschrauber spielen können. Augenblicklich wurde mir klar, dass ich doch | |
lieber kein solches Abo möchte. Man rutscht mit so einer Entscheidung ja | |
doch in eine Gruppe hinein. Wird Teil von etwas. Einer Leserschaft in | |
diesem Fall. Nee, nee, nee – wer immer die FAZ liest und mit | |
ferngesteuerten Hubschraubern spielt, soll das mal ohne mich machen. | |
Schließlich gilt es auch auf die Außenwahrnehmung zu achten. | |
Zumal der Geschäftsführer der FAZ, Tobis Trevisan, zur Absicht, digital | |
mehr zu verdienen als mit Print, sagt: „Wir müssen lernen, die | |
Kannibalisierung zu lieben.“ Ja, so sind sie, die Checker vom Main! Nie | |
lang am Boden. Immer einen Weg findend, sich den Kulturverlust schön zu | |
reden. Und wenn es der eigene ist. Ich frag mich nach seinem letzten Buch | |
eh, warum Schirrmacher nicht seinen Hubschrauber nimmt und zur taz geht? | |
Egal. | |
## Bitte nicht mehr in Hotellobbys absteigen! | |
Ich möchte jetzt lieber einen Appell an Textchefs und weitere | |
Verantwortliche des Feuilletons richten, bitte, bitte, bitte keine Texte | |
über MusikerInnen, FilmemacherInnen und AutorInnen mehr in Londoner | |
Hotelbars, Foyers oder der Lobby (schwere Sessel!) beginnen zu lassen. | |
Das ist schlicht nicht länger auszuhalten. Auch München, Venedig und | |
Kopenhagen sind tabu. Kiel oder Harrisburg gehen im Einzelfall noch. Aber | |
lieber prüfen, ob das sein muss, schließlich gibt es noch andere | |
Möglichkeiten des Texteinstiegs! | |
Während im Netz für den Henry-Nonsens-Preis Texte gesucht werden, möchte | |
ich jemandem ganz herzlich gratulieren, der heute schon ausgezeichnet wird: | |
Der Fotograf Thomas Karsten (u.a. Stern, Art, Capital) erhält den Fotopreis | |
der Michael-Horbach-Stiftung. Der Mann, den man auch dafür buchen kann, | |
dass er einen nackt in einer Plastikfolie ablichtet, um ein Buch als | |
„Überraschung für den Liebsten“ zu haben, wurde für zwei Fotoreihen | |
ausgezeichnet, die er in Uganda realisierte. | |
Eine davon: „60 Bicycles for Uganda“. Das Praktische ist, die | |
Horbach-Stiftung selbst hat die 60 Fahrräder zur Verfügung gestellt. Und | |
noch praktischer, Thomas Karsten himself hat sie vor Ort an bedürftige | |
Familien verteilt. Und das fotografiert. Wofür er nun den Preis bekommt. | |
Das nenne ich eine Ökonomie des Stiftungsgedankens, der sich auszahlt! | |
Beschwingt von der Kraft der Zivilengagierten zurück nach Berlin! | |
1 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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