| # taz.de -- Arbeitnehmerrechte auch in Schlachtbetrieben: Fleischindustrie tut … | |
| > Niedersachsens Fleischunternehmen sprechen sich für Mindestlöhne und | |
| > sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus | |
| Bild: Totes Tier: Besser leben sollen in Zukunft die Mitarbeiter in den Schlach… | |
| HANNOVER taz |Nach Skandalen um unwürdige Arbeitsbedingungen samt | |
| Dumpinglöhnen in der niedersächsischen Fleischindustrie wollen die | |
| Fleischunternehmen und die rot-grüne Landesregierung stärker | |
| zusammenarbeiten. „Mein Eindruck ist, dass die Industrie verstanden hat, | |
| dass es so nicht weitergehen kann“, sagt Wirtschaftsminister Olaf Lies | |
| (SPD). Anfang der Woche hatten er und Agrarminister Christian Meyer (Grüne) | |
| Vertreter der Schlachtindustrie zu einem ersten Gespräch geladen und einen | |
| Sieben-Punkte-Plan für bessere Arbeitsbedingungen aufgestellt. | |
| Demnach haben die beteiligten Unternehmen ihre Zustimmung für einen | |
| gesetzlichen Mindestlohn signalisiert. Der Schlachtindustrie sei bewusst, | |
| dass der Mindestlohn einen „Schutz für alle Beteiligten bietet, weil er für | |
| alle Unternehmen gilt“, sagt Lies. Einen entsprechenden Antrag will er | |
| bereits bei der Bundesratssitzung am Freitag einbringen: Darin fordert | |
| Niedersachsen 8,50 Euro Mindestlohn, zudem soll der Missbrauch von | |
| Werkverträgen eingedämmt werden. | |
| Gerade der ist in Niedersachsens Fleischindustrie verbreitet: Allein bei | |
| den sechs Unternehmen, die am Minister-Gespräch beteiligt waren, sind laut | |
| Lies zwischen 20 und 80 Prozent der Arbeiter mit Werkverträgen bei | |
| Sub-unternehmen angestellt. Er kenne „keine andere Branche in Niedersachsen | |
| und Deutschland mit so vielen Werkverträgen“, sagt der Wirtschafts- und | |
| Arbeitsminister. | |
| Ein Umdenken setzt Lies zufolge allerdings ein: Die Unternehmen hätten ihre | |
| „grundsätzliche Bereitschaft“ erklärt, mehr sozialversicherungspflichtige | |
| Beschäftigte einzustellen. Aufgeschlossen zeigten sie sich auch für die | |
| Gründung eines Arbeitgeberverbands als Verhandlungspartner für Politik und | |
| Gewerkschaften und für die Beteiligung an einer Beratungsstelle für | |
| ausländische Beschäftigte. „Offen“ sei die Wirtschaft auch für mehr | |
| Transparenz und Betriebskontrollen, hieß es. | |
| Agrar- und Wirtschaftsministerium wiederum wollen eine Zertifizierung für | |
| Werksvertragsunternehmen entwickeln, über die die Arbeiter in den | |
| Schlachtbetrieben eingesetzt werden. So wolle man insbesondere für | |
| ausländische Werksarbeiter faire Lebens- und Arbeitsbedingungen schaffen. | |
| Soziale Standards, betont Agrarminister Meyer, „wirken sich immer auch auf | |
| Hygiene, Tier- und Verbraucherschutz aus“. | |
| Welche Unternehmen an der Runde beteiligt waren, wollen die Minister nicht | |
| sagen. Sie seien ein „signifikanter Teil“ der Branche. Auch verbindliche | |
| Fristen für Umsetzungen nennen Lies und Meyer nicht. Zunächst soll der | |
| Dialog fortgesetzt werden: In sechs Wochen folgt ein Gespräch, bei dem auch | |
| die Gewerkschaft NGG dabei sein soll. | |
| Ein „dringend notwendiger Einstieg“ sei der Sieben-Punkte-Plan dennoch: Bei | |
| Berichten über Dumpinglöhne von drei bis sieben Euro und eine „teils | |
| unerträgliche Unterbringung“ der meist ausländischen Werksarbeiter „kann | |
| man als Landesregierung nicht einfach zuschauen“, so Lies. Nicht zuletzt, | |
| weil sie „ein enorm schlechtes Bild auch auf Niedersachsen werfen“. | |
| Zumindest das sieht man beim Verband der Ernährungswirtschaft ähnlich: „Die | |
| negative Berichterstattung schadet der Schlacht- wie der gesamten | |
| Lebensmittelbranche“, sagt Hauptgeschäftsführer Michael Andritzky. Auch er | |
| bewertet das Minister-Gespräch zwar positiv. In Sachen Handlungsbedarf aber | |
| klingt er verhalten: Viele der Berichte über Missstände seien „schlichtweg | |
| falsch“. Werksverträge etwa seien zwar der „Regelfall“ in der | |
| Fleischindustrie. Dumpinglöhne jedoch gebe es nur in „einzelnen kranken | |
| Fällen“, so der Branchenvertreter. | |
| 1 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Teresa Havlicek | |
| Teresa Haflicek | |
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