| # taz.de -- 1. Mai-Demo in Berlin: Revolutionäre erreichen ihr Ziel | |
| > Die abendliche 1. Mai-Demo zieht erstmals bis ins Regierungsviertel. Es | |
| > bleibt meist friedlich. Innensenator zieht positive Zwischenbilanz. | |
| Bild: Die Polizei bleibt cool, die Demonstranten auch - und so endet die Revolu… | |
| Am Ende läuft die Demo tatsächlich auf das Brandenburger Tor zu, in die | |
| Abenddämmerung. Niemand hätte das gedacht: Die Revolutionäre 1. | |
| Mai-Demonstration erreicht ohne größere Zwischenfälle das Ziel. Am Pariser | |
| Platz ruft der Mann vom Lautsprecherwagen: "Verfluchte Scheiße, wir haben | |
| ihn wirklich erreicht!" Die Leute schwenken rote Fahnen. Es wird "Bella | |
| Ciao" gespielt, einige tanzen. | |
| Los geht es um 18 Uhr am Lausitzer Platz. Tausende sammeln sich. Die erste | |
| Überraschung: Ganz vorne steht diesmal nicht der Schwarze Block, sondern | |
| eine Delegation griechischer Oppositionspolitiker. "Gegen Faschismus", | |
| steht auf ihrem schwarzen Banner. "Solidarität ist eine Waffe", rufen sie. | |
| Beides auf Griechisch - natürlich. Mit nur einer Stunde Verspätung setzt | |
| sich der Demozug um 19 Uhr in Bewegung. | |
| Die Griechen vorne laufen ungewohnt gemächlich. Die Menge, nach taz-Zählung | |
| rund 10.000 Demonstranten, zieht die Eisenbahnstraße entlang und biegt auf | |
| die Köpenicker Straße. Die Autonomen versuchen zu überholen - ohne Erfolg. | |
| Am U-Bahnhof Heinrich-Heine-Straße wird es kurz brenzlig: Eine Gruppe von | |
| Vermummten bricht links aus - und wird sofort von der Polizei | |
| zurückgedrängt. Einer wirft eine pinke Rauchbombe. Ein Carsharing-Auto wird | |
| umgekippt. Bei einer Sparkasse werden die Scheiben eingeschlagen. Nachdem | |
| vereinzelte Flaschen und Steine auf die Polizei fliegen, stößt diese nun in | |
| die Demo vor. Vom Lauti tönt es: "Bildet Ketten!" Inzwischen wird die | |
| Spitze von Polizeiketten flankiert und zieht weiter auf das | |
| Axel-Springer-Hochhaus zu. Einige Steine treffen Polizeiautos an der | |
| Shell-Tankstelle. | |
| Der Schwarze Block würdigt die Springer-Konzernzentrale beim Passieren | |
| keines Blickes oder Steinwurfes. Das Gebäude an der Ecke zur | |
| Rudi-Dutschke-Straße wird von der Polizei aufwändig gesichert mit zwei | |
| Wasserwerfern, einem Räumpanzer, dutzenden Polizeimannschaftswagen und | |
| Absperrgittern. | |
| Kurz bevor die Demo ihr endgültiges Ziel am Brandenburger Tor erreicht, | |
| treten Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeipräsident Klaus Kandt zu | |
| einer Zwischenbilanz vor die Presse. Henkel ist rot im Gesicht, das liege | |
| an der vielen Sonne, die er an diesem Tag abbekommen habe, wie er sagt. Die | |
| Polizei konnte zeigen, dass sie die Lage im Griff hat, so Henkel. Er ist | |
| guter Dinge und glaubt, es werde weiterhin gelingen, die Demo so zu | |
| begleiten, dass sich Gewaltausbrüche in Grenzen halten. | |
| Tatsächlich bleibt die Demo friedlich. "Wir werden heute realistischerweise | |
| die Revolution nicht mehr schaffen. Die verschieben wir aufs nächste Jahr", | |
| so die Durchsage vom Lautsprecherwagen. Selbst am Ende halten die | |
| Demonstranten brav vor den Polizeigittern Unter den Linden - mit Blick auf | |
| das beleuchtete Brandenburger Tor. Um kurz vor halb zehn Uhr wird die | |
| Veranstaltung offiziell aufgelöst. | |
| Aus dem Umfeld des Schwarzen Blocks heißt es, das Polizeispalier sei eng | |
| gewesen, jede Aktion wäre sofort mit Festnahmen beantwortet worden. "Wir | |
| hatten keinen Spielraum", sagt einer. | |
| Die Menge feiert freudig, tatsächlich das Ziel erreicht zu haben. Ein | |
| Grieche ist der letzte Redner auf der Abschlusskundgebung. "Nächstes Jahr | |
| stehen wir vor dem Kanzleramt", ruft er ins Mikrofon. Der Autonome auf dem | |
| Lautsprecherwagen ergänzt: "Und übernächstes Jahr im Kanzleramt." | |
| 1 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
| Sebastian Erb | |
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