# taz.de -- Widerstand gegen Autobahn: Protest macht ersten Spatenstich | |
> Am Mittwoch gibt's den Spatenstich für die A100. 50 Gegner protestieren | |
> dagegen vorm Roten Rathaus. Und hoffen immer noch auf ein Aus der | |
> Autobahn. | |
Bild: Protest gegen die A100 gab's am Sonntag auch im Kleinen. | |
Vor dem Spatenstich kommt die Beerdigung. „Das gesamte Berliner Straßennetz | |
sanieren“, steht auf dem Plakat, das die in schwarz gekleidete Aktivistin | |
zerknüllt und unter den mitgebrachten Erdhaufen pflügt. „VBB Fahrpreise 15 | |
Jahre lang nicht erhöhen“, folgt als nächstes. Dann: „7.500 Kilometer neue | |
Radspuren“. All das, sagt Mitstreiter Tobias Trommer ins Mikro, hätte man | |
für die 475 Millionen Euro, die in die A 100 gehen, haben können: „Für | |
immer verloren.“ | |
Es ist ein „satirischer Spatenstich“, den am Sonntagnachmittag gut 50 | |
Autobahngegner vor dem Roten Rothaus begehen. Der echte folgt am Mittwoch, | |
13 Uhr: Dann wollen Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und | |
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) symbolisch den Weiterbau der A | |
100 an der Anschlussstelle Grenzallee beginnen. Damit wird das | |
Autobahnprojekt nach Jahrzehnten der Planung tatsächlich Realität. | |
Umstritten aber bleibt es weiter: Die von ihren Gegnern auf die Schippe | |
genommenen 475 Millionen Euro machen den 3,2 Kilometer langen Neubau bis | |
zum Treptower Park zu den teuersten Autobahnkilometern bundesweit. Ursache | |
sind Lärmschutzmaßnahmen, Brückenbauten und ein nötiger Tunnel. Den | |
Großteil der Kosten übernimmt der Bund. Trotzdem scheiterten die rot-grünen | |
Koalitionsgespräche 2011 an der A-100-Frage, auch die SPD war lange | |
gespalten. | |
Rot-Schwarz aber bekannte sich zu dem Projekt. Im letzten Oktober segnete | |
auch das Bundesverwaltungsgericht die Baupläne ab, Ramsauer und der | |
Bundestag gaben die Gelder frei. Inzwischen wurden für die Trasse bereits | |
mehrere Neuköllner Gartenkolonien planiert und etwa 450 Bäume gefällt. Die | |
Fertigstellung wird für 2020 erwartet. | |
Laut Senat werden durch den Weiterbau Berliner im Südosten von Lärm und | |
Abgasen entlastet, da sich der Verkehr künftig auf der Autobahn bündeln | |
werde. Genau das wollen die Kritiker vorm Roten Rathaus nicht glauben. Im | |
Gegenteil werde noch mehr Verkehr in die Innenstadt gelotst, ist Tobias | |
Trommer überzeugt. Der Friedrichshainer ist seit Jahren A-100-Gegner, | |
schimpft über die „50er-Jahre-Verkehrspolitik“. | |
Auch Franz Schulz, Grünen-Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, steht | |
unter den Protestierern. Im vergangenen Jahr klagte sein Bezirk gegen den | |
Weiterbau und unterlag. Schulz hat die Hoffnung nicht aufgegeben. „Bis zur | |
Bundestagswahl werden nicht viele Millionen verbaut sein, da könnte man das | |
Projekt noch wirtschaftlich vertretbar kippen.“ | |
80 Millionen Euro stellt der Bund 2013 und 2014 für den Weiterbau bereit. | |
Dafür soll vorerst die Anschlussstelle Grenzallee umgebaut und die | |
benachbarte Bergiusstraße verlegt werden. Der Senat hat beim Bund aber | |
schon Mittel für den nächsten, den 17. Bauabschnitt vom Treptower Park bis | |
zur Frankfurter Allee beantragt. Nur so, argumentiert er, gäbe es die volle | |
Entlastung. | |
Nur: Dann geht es durch Wohngebiete, nicht mehr wie jetzt durch viel | |
Brachland. Für Schulz eine Himmelfahrtsmission. „Dann ist die Autobahn | |
nicht mehr weit weg, sondern direkt vor den Fenstern der Leute. Das gibt | |
eine viel stärkere Mobilisierung.“ Sein Bezirk werde die weitere Planung | |
„sehr, sehr kritisch begleiten“. | |
Am Sonntag lassen die Protestierer noch Luftballons mit angeknotetem | |
Papiergeld in den Himmel steigen, dann rollen sie die Banner ein. Am | |
Mittwoch aber soll weiterprotestiert werden. Eine Stunde vor Müllers und | |
Ramsauers Spatenstich treffen sie sich ein paar hundert Meter entfernt: an | |
einer Pappel in der Neuköllnischen Allee, seit Januar mit einem Zelt | |
besetzt. Und die werde anhalten, verspricht Trommer. "In den entscheidenden | |
Momenten sind wir oben." | |
5 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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Bundesrat | |
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