# taz.de -- Artenschutz-Debatte: Habeck und die heulenden Jäger | |
> Der Landesjagdverband Schleswig-Holstein möchte, dass der Wolf ins | |
> Jagdgesetz aufgenommen wird. Der grüne Umweltminister Habeck hält das für | |
> „Unsinn“. | |
Bild: Mag Wölfe und füttert sie sogar: Schleswig-Holsteins Umweltminister Rob… | |
HAMBURG taz | Die Zahl der Wölfe, die bisher in Schleswig-Holstein | |
gesichtet wurden, ist äußerst überschaubar: Von zwei Tieren gibt es den | |
dokumentierten Nachweis, dass sie im Land waren. Doch dieses kleine | |
Vorkommen löst große Begehren aus: Der Landesjagdverband wirbt dafür, dass | |
der Wolf in das Landesjagdgesetz aufgenommen wird. Für diese Position | |
plädierte vor kurzem auch Peter Harry Carstensen auf dem Landesjägertag. | |
Käme diese Gesetzesreform, wären die Jäger hochoffiziell zuständig für das | |
Tier. Eine solche Gesetzesreform würde aber nicht bedeuten, dass die Wölfe | |
sofort gejagt werden dürfen. Denn für sie gilt bisher eine ganzjährige | |
Schonfrist. | |
Vorkämpfer für solch eine Reform ist der Präsident des Landesjagdverbands, | |
Klaus-Hinnerk Baasch. Er argumentiert mit „ordnungsrechtlichen Gründen“. | |
Wenn der Wolf im Landesjagdgesetz aufgenommen sei, dürften sich Jäger auch | |
im Straßenverkehr um schwer verletzte Tiere kümmern – „sie von ihren Qual… | |
erlösen“. Auch sei den Jägern bisher bei kranken Tieren ein Einschreiten | |
nicht möglich. Außerdem könnten die Jäger sich um den Lebensraum für Wölfe | |
kümmern und sich stärker beim Monitoring beteiligen. Baasch sagt: „Wir | |
wollen das nicht in meuchlerischer Absicht.“ Schließlich kümmerten sich | |
Jäger auch um Uhus und Seeadler. So lange es keinen guten Erhaltungszustand | |
einer Tierart gebe, werden sie nicht gejagt. Baasch glaubt: „Ohne Jäger | |
gibt es keinen erfolgreichen Wolfsschutz.“ | |
Das alles überzeugt Robert Habeck (Grüne), den zuständigen Landesminister, | |
nicht. Er erteilte Carstensens und Baaschs Ansinnen eine klare Absage: „Es | |
ist blanker Unsinn, Wölfe in Schleswig-Holstein ins Jagdrecht aufnehmen zu | |
wollen“, sagt er. Eine Bejagung verbiete schon allein das Artenschutzrecht | |
der EU und des Bundes. Die Landesregierung setzte mit dem Wolfsmanagement | |
das gute Programm um, das seine Amtsvorgängerin Juliane Rumpf durchgesetzt | |
habe – „offenbar auch gegen ihren Regierungschef Peter Harry Carstensen“, | |
sagt Habeck. | |
Der Nabu-Landesverband, der sich im Wolfsschutz engagiert, hält die | |
Diskussion um die Gesetzesänderung für „unsäglich“, wie Sprecher Ingo | |
Ludwichowski sagt. „Rechtlich ändert sich überhaupt nichts, wenn der Wolf | |
ins Landesjagdgesetz aufgenommen würde.“ Den Gnadenschuss dürften Jäger | |
auch dann verletzten Tieren nicht geben, das verbiete das | |
Naturschutzgesetz. Ludwichowski glaubt auch nicht, dass Jäger bei der | |
Pflege der Lebensräume helfen könnten. Das sei eine „Überschätzung der | |
eigenen Möglichkeiten“. Schließlich sei das Jagen für die Jäger nur ein | |
Hobby. Der Nabu befürchte vielmehr, dass Übergriffe auf Tiere zunehmen | |
würden, wenn das Tier erstmal im Jagdgesetz auftaucht, weil sich Jäger dann | |
irgendwie doch zuständig und legitimiert fühlen könnten. | |
Worum geht es also in der Diskussion? Bei Baasch und Carstensen klingt | |
durch, dass ihnen die wolfsfreundliche Stimmung nicht passt, für die | |
Umweltverbände werben. Für Baasch zum Beispiel ist der Wolf „ein weiteres | |
Tier in der Landschaft – dessen Wert übersteigert wird“. Carstensen sagte | |
laut shz.de: „Wenn vier oder fünf Wölfe in den letzten Wochen gesehen | |
wurden, und zwei auf den Straßen tödlich überfahren wurden, ist | |
Schleswig-Holstein sicherlich kein Wolfsbiotop.“ Baasch will lieber darüber | |
reden, wie viele Wölfe Schleswig-Holstein verträgt, wo im Land diese | |
Wildart sichere Lebensbedingungen vorfindet. Klar ist: Am Ende einer | |
solchen Debatte könnte es eine Grenze geben, ab der die Tiere wieder gejagt | |
werden dürfen. | |
Ansatzpunkt war laut Baasch die Entwicklung in Sachsen. Dort gibt es mehr | |
Wölfe (siehe Kasten) – und erstmalig eine umstrittene Änderung des | |
Landesjagdgesetzes. Der Wolf kommt nun darin vor. | |
Doch es gibt hin und wieder auch ganz explizite Forderungen, den Wolf | |
wieder zu jagen: Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern forderte das im | |
vergangenen November – nach einem mutmaßlichen Angriff eines Wolfs auf eine | |
Schafsherde. In Mecklenburg-Vorpommern sind bisher drei Wölfe nachgewiesen. | |
In Niedersachsen ist die Stimmung eine andere: Seit Anfang 2012 ist dort | |
die Landesjägerschaft für das Wolfsmonitoring zuständig. Eine Änderung des | |
Jagdgesetzes gab es vorher nicht. | |
6 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniel Kummetz | |
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