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# taz.de -- Kommentar NSU-Prozess: Der vielsagende Auftritt der Beate Z.
> Zschäpes erster Auftritt bei dem historischen Münchner Prozess ist kein
> Zufall, sondern berechnend. Die Fassade der Seriösität ist lange geübt.
Wo geschwiegen wird, da muss auf nonverbale Zeichen geachtet werden. Das
erste Bild, das von Beate Zschäpe beim Prozessbeginn in München um die Welt
ging, war dieses: Eine Frau Ende dreißig in einem dunkelblauen Jackett, in
dunklen Hosen, mit einer weißen, zerknitterten Bluse; die Arme verschränkt,
körperlich höchst angespannt, flankiert von Männern in Uniform. Die
mutmaßliche Neonazi-Terroristin seriös, dezent, konventionell.
Beate Zschäpe, von der vor Kurzem noch bewegte Bilder vom Aerobic auf
Fehmarn kursierten, aber auch Bilder, die sie als White-Trash-Frau mit
Hilfiger-Pullover in Polizeigewahrsam zeigten, will mit Bürgerlichkeit
punkten. Mit einer gepflegten Erscheinung, die sich auch in Details wie den
gefärbten Haaren und den gepflegten Fingernägeln zeigt. Aber was steckt
dahinter?
Die Rolle der Fassadenfrau, die nach außen hin den Anschluss ans Normale
präsentiert, die beherrscht Zschäpe. Gute Nachbarschaft mit griechischen
Restaurantbetreibern, nette Kontakte beim Camping und nebenan: Beate
Zschäpe hat mutmaßlich bewiesen, wie Doppelleben funktionieren kann.
Während sich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt äußerlich in durchaus
erkennbaren rechten Codes bewegten, hat sich Zschäpe alias „Liese“ stets
darum bemüht, die Fassade aufrechtzuerhalten. Sie war, so gesehen, das U im
Nationalsozialistischen Untergrund. Nach außen erkennbar war „das Böse“
jedenfalls nicht.
Insofern ist ihr erster Auftritt bei dem historischen Münchner Prozess kein
Zufall, sondern berechnend, auch wenn er auf den ersten Blick wirkt wie bei
Bundesligatrainern in der Champions League: dem Anlass angemessen.
Vermutlich auf Anraten ihrer Anwälte Stahl, Heer und Sturm. Zschäpe hat es
an diesem ersten Prozesstag den Mitangeklagten überlassen, das Gesicht zu
verstecken oder aus dem Polizeitransport heraus den Stinkefinger zu zeigen.
Aber Körperpolitik wird natürlich auch auf staatlicher Seite betrieben.
Beate Zschäpe werde „vor und nach jedem Termin außerhalb der Anstalt bei
völliger Entkleidung untersucht“, ließ die JVA Stadelheim vorab verlauten.
Der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe, dem Gesicht der NSU,
bleibt im Angesicht der Angehörigen der Opfer und der breiten deutschen und
internationalen Öffentlichkeit nichts anderes übrig, als die Fassade zu
wahren. Die Betonung liegt auf Fassade.
Update 7. Mai 2013: In einer früheren Version dieses Artikels war der Name
eines der Zschäpe-Anwälte mit -Helm- angegeben. Richtig muss es heißen
-Heer-.
6 May 2013
## AUTOREN
Rene Hamann
## TAGS
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Beate Zschäpe
Oberlandesgericht München
OLG München
Schwerpunkt Rechter Terror
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Zschäpe
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