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# taz.de -- Kommentar Einwanderung: Verhängnisvoller Talenteschwund
> Die Einwanderung nach Deutschland wächst. Das ist gut. Spanien,
> Griechenland, Portugal und Italien aber verlieren das Wertvollste, was
> sie haben.
Hurra, die Zahl der Einwanderer wächst! Das ist zu begrüßen. Unsere
Gesellschaft wird vielfältiger – und das trotz dieser Zeiten, in denen in
Europa rassistische und antieuropäische Ressentiments zunehmen.
Auch hat die gestiegene Einwanderung aus den europäischen Krisenländern
einen Hauch von ausgleichender Gerechtigkeit: Wenn unter dem Diktat der
Troika und maßgeblich dem Druck der deutschen Regierung umliegende Länder
in den Ruin gespart werden, dann ist es wohl das Mindeste, dass Menschen
von dort hierzulande eine neue Zukunft suchen können.
Genau darin liegt aber auch die Tragik der Entwicklung. Denn in der Krise
kommen viele nicht nach Deutschland, weil sie Lust auf Aufbruch und
Tapetenwechsel haben, sondern weil ihnen in ihren Ländern die Zukunft
geraubt wird. Auch etliche Migranten packen darum erneut die Koffer. Die
einst verheißungsvollen Zielländer bieten keine Jobs mehr.
Kurzfristig gedacht, sorgt die Abwanderung aus den Ländern des europäischen
Südens dabei sogar für minimale Entlastung der siechenden Arbeitsmärkte und
Sozialsysteme. Langfristig aber verlieren Spanien, Griechenland, Portugal
oder Italien das Wertvollste, was sie für die Zukunft haben: ihre gut
ausgebildete Jugend. Denn vor allem junge und qualifizierte Menschen
verlassen ihre Heimat.
Verhängnisvollen „Braindrain“ nennen die Forscher so etwas. Noch ist dieser
Talenteschwund nicht dramatisch. Doch er wird größer werden, denn eine
andere Politik und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sind für viele Länder
nicht in Sicht.
Und die deutsche Regierung? Steht mal wieder auf der Gewinnerseite. Sie
setzt nicht nur ihre Vorstellung von Spar- und Reformpolitik in der EU
rigoros durch, sondern erntet auch noch die „Früchte“: arbeitswillige,
junge Fachkräfte, nach denen die Unternehmer hierzulande verzweifelt rufen.
Die wiederum können sich freuen, dass sie sehr billig davonkommen. Denn aus
dem wachsenden Pool von Arbeitssuchenden können sie sich die besten Kräfte
herauspicken und aufwendige Nachqualifizierungen vermeiden. Grotesker geht
es kaum.
Doch mit der Migration und den Erzählungen aus den Nachbarländern rückt
auch die Krise näher an die hiesige Gesellschaft. Das Verständnis für das,
was um uns herum passiert, könnte wachsen. Und das ist bitter nötig.
8 May 2013
## AUTOREN
Eva Völpel
## TAGS
Migration
Einwanderung
Deutschland
Statistisches Bundesamt
Migration
Scharia
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