# taz.de -- Fabrikeinstürze in Bangladesch: Die freiwilligen Retter von Savar | |
> Kurz nach dem Gebäudeeinsturz in Bangladesch lehnte die Regierung | |
> internationale Hilfe ab. Anwohner retten die Eingeschlossenen. | |
SAVAR taz | Kurz vor 9 Uhr am 24. April hört Sajed Hossain einen lauten | |
Knall, dann wird alles dunkel. Mit seinen Brüdern betreibt er einen | |
Autoreifenladen direkt gegenüber vom Rana Plaza. Als das achtstöckige | |
Gebäude einstürzt und mindestens 3.500 Menschen begräbt, schaut er gerade | |
nicht hin. Dann wird er von Staub umhüllt. Hossain schließt seinen Laden | |
und läuft über die vierspurige Straße. Er ist einer der ersten, die sich in | |
die Ruine trauen. | |
Acht Stockwerke stehen inzwischen auf der Höhe von vier. Die Helfer | |
schlagen ein Loch in die Hauswand des zweiten Stockwerks im Nachbargebäude | |
um direkt ins Rana Plaza einzusteigen. Sie finden eine Gruppe von 13 | |
Menschen, können drei befreien, laufen dann aber raus, als das Gebäude noch | |
einmal zusammensackt. Sie haben Angst, selbst begraben zu werden. | |
Das Unglück hat unzählige Lokalhelden hervorgebracht, Die | |
[1][Schauspielerin Asma Akter zum Beispiel], die 17 Menschen gerettet hat; | |
Didar Hossain, ein Textilarbeiter aus einer Nachbarfabrik, [2][der Dutzende | |
aus dem Rana Plaza holte]; Ezazuddin Kaikobad, [3][ein Ingenieur, der ums | |
Leben kommt], als nach vier Tagen ein Feuer in der Ruine ausbricht. | |
Unterdessen lehnt die Regierung in Dhaka das Angebot einer Spezialeinheit | |
für solche Rettungsarbeiten ab, [4][angeblich um den „Nationalstolz“ zu | |
wahren]. Auch das Angebot der UNDP, ein Team mit Spezialkameras für beengte | |
Räume zu entsenden, [5][bleibt mehrere Tage unbeantwortet]. Das Team hätte | |
auch Geräte mitgebracht um Lebende unter den Trümmern zu orten. Die | |
Nachrichten sorgen für Empörung in Savar: Sind Menschenleben nicht | |
wichtiger als Stolz, fragen sich die Anwohner. | |
## Mehr als 1.000 Menschen geborgen | |
Eine halbe Stunde nach dem Unglück, so beschreiben es Anwohner, sind auch | |
Feuerwehr und Militär zur Stelle. Doch nicht in ausreichender Stärke und es | |
sind weiterhin Ortsansässige, die sich in die Ruine wagen. Ohne | |
Sicherheitsausrüstung quetschen sich durch die Enge, um einen Überlebenden | |
nach dem anderen herauszuziehen. Schon am ersten Tag werden so mehr als | |
1.000 Menschen geborgen. Im Minutentakt fahren Krankenwagen in die | |
umliegenden Krankenhäuser und Kliniken. | |
Viele von ihnen kommen in den ersten Tagen in das nahegelegene | |
Enam-Krankenhaus. In der Ausbildungsklinik haben die Studenten ab diesem | |
Tag keinen Unterricht mehr und gehen vier Tage und Nächte lang den fast | |
1.000 Ärzten und Krankenhelfern zur Hand. In den ersten Tagen habe er fast | |
120.000 Euro für die Behandlung ausgegeben, sagt der Besitzer Enamur | |
Rahman. Zwei Wochen später sind es wohl insgesamt 300.000 Euro, schätzt er. | |
Das werde aber noch nachgerechnet. Die Rechnung will die Regierung | |
übernehmen. | |
Am Abend des Unglücks erreicht auch Korvi Rakshand Savar. Der 28-jährige | |
Gründer einer Schule für Slumkinder ist gut vernetzt und wird zum | |
logistischen Zentrum der Hilfsarbeiten. Über Facebook mobilisiert er die | |
Stadtbewohner aus dem nahegelegenen Dhaka. Medizin für die Krankenhäuser, | |
[6][Essen für Angehörige], [7][Sauerstoffkanister] für die Eingeschlossenen | |
und Rettenden, [8][Helme], [9][Handschuhe], [10][Krücken] – die städtische | |
Mittelschicht kauft und er fährt täglich mehrmals mit vollgestopftem Auto | |
nach Savar. | |
## 17 Tage nach dem Einsturz gerettet | |
Fünf Tage nach dem Feuer, bei dem der Ingenieur Kaikobad ums Leben kommt, | |
stoppt das Militär die Rettungsarbeiten. Mit schwerem Gerät soll nun der | |
Schutt abgetragen und sollen die Leichen geborgen werden. Vor Ort scheinen | |
die meisten Menschen enttäuscht von der Arbeit des Militärs, wollen sich | |
aber nicht namentlich äußern. Die nicht-uniformierten Helfer seien meist | |
mutiger gewesen als die Soldaten, erzählen sie, und die Armee sei schlecht | |
ausgestattet. „Warum sonst mussten Freiwillige Handschuhe und Helme | |
heranfahren?“ fragt einer der Freiwilligen vor Ort. | |
17 Tage nach dem Einsturz des Rana Plaza finden Soldaten und Feuerwehrleute | |
dann doch noch eine Überlebende: Reschma, eine Näherin aus dem 3. | |
Stockwerk. Niemand weiß so recht, wie sie in den Keller gekommen ist und | |
wie sie so lange überleben konnte. Aber vielleicht hätte sie auch gar nicht | |
so lange ausharren müssen: mit den richtigen Geräten aus dem Ausland. | |
12 May 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://newagebd.com/detail.php?date=2013-05-03&nid=47938#.UY9d4Er0-XY | |
[2] http://www.newagebd.com/detail.php?date=2013-04-28&nid=47520#.UY9jsUr0-… | |
[3] http://www.thedailystar.net/beta2/news/burnt-rescuer-dies-in-spore/ | |
[4] http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/bangladesh/10024004/Banglade… | |
[5] http://newagebd.com/detail.php?date=2013-04-30&nid=47747#.UY9kUkr0-XY | |
[6] http://www.facebook.com/KorviRakshandDhrubo/posts/447803805311544 | |
[7] http://www.facebook.com/KorviRakshand/posts/647169521965996 | |
[8] http://www.facebook.com/KorviRakshandDhrubo/posts/446940305397894 | |
[9] http://www.facebook.com/KorviRakshandDhrubo/posts/447314465360478 | |
[10] http://www.facebook.com/KorviRakshandDhrubo/posts/447396612018930 | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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