# taz.de -- Berufsbildungsbericht 2013: Bäckernotstand im Vollkornbrotland | |
> Immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt, trotzdem gehen Bewerber leer | |
> aus. Der Grund dafür sind Problembranchen und eine | |
> Nachfrage-Angebot-Unwucht. | |
Bild: Werden immer seltener: Bäckerei-Azubis. | |
BERLIN taz | Hans-Joachim Blauert kennt das schon. Erst heute hat der | |
selbstständige Bäcker- und Konditormeister wieder vier bis fünf Bewerbungen | |
auf den Tisch bekommen – die meisten kann er gleich wieder aussortieren. | |
Der Grund: unentschuldigte Fehlzeiten auf dem Abschlusszeugnis, schlechte | |
Noten, schlechtes Auftreten, schlechte Deutschkenntnisse. Blauert | |
beschäftigt in seinem Betrieb mit vierzig Angestellten acht Auszubildende. | |
„Für viele Bäckereien wird es immer schwieriger, gute Auszubildende zu | |
finden“, sagt Blauert, der auch Obermeister der Berliner Bäckerinnung ist. | |
Das zeige sich häufig schon in der Qualität der Bewerbungen. In der | |
Hauptstadt, schätzt er, blieben im Jahr 2012 etwa 15 Bäckerlehrstellen | |
unbesetzt, im Verkauf etwa 100. | |
Diese Kluft zwischen dem potenziellen Angebot und der bestehenden Nachfrage | |
zeigt sich auch in dem am Mittwoch in Berlin vom Bundeskabinett | |
verabschiedeten Berufsbildungsbericht 2013 des Bildungsministeriums. | |
Während im Jahr 2012 bundesweit etwa 15.700 junge Menschen erfolglos auf | |
der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz waren, gab es 33.275 | |
Lehrstellen, also mehr als doppelt so viele, die unbesetzt blieben. Das ist | |
im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 12,1 Prozent – eine Rekordzahl. | |
Im vergangenen Jahr wurden 551.000 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. | |
Das ist der niedrigste Wert seit 2005. Die Hauptursachen laut | |
Bildungsbericht: die demografische Entwicklung und die Abschwächung der | |
Konjunktur. Dennoch schätzt das Bildungsministerium die | |
Ausbildungsmarktsituation auch im Jahr 2012 als „gut“ ein – trotz der | |
Einsicht, dass es offenbar schwierig sei, „betriebliches Angebot und | |
Nachfrage regional und beruflich zusammenzuführen.“ | |
## Auch Fleischernachwuchs fehlt | |
Diese Kluft erweist sich auch als ein branchenspezifisches Problem. Während | |
einige Berufsgruppen keine Probleme bei der Ausbildungsplatzvergabe haben, | |
waren andere Berufszweige den Auszubildenden nur wenig schmackhaft zu | |
machen: Restaurantfachmann, Fleischer – oder eben Bäcker. | |
Den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wundert das nicht. Es seien vor allem | |
die Branchen mit schlechten Arbeitsbedingungen, die über fehlende | |
Auszubildende klagen. Das zeige sich etwa in hohen Abbrecherquoten, | |
schlechter Bezahlung und fehlenden Karriereperspektiven. | |
Auch insgesamt sieht der DGB den Ausbildungsmarkt problematisch. „Jeder | |
dritte Bewerber, der nach den Kriterien der Bundesagentur für Arbeit | |
ausbildungsreif ist, hat keinen Ausbildungsplatz bekommen“, sagt die | |
stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. Diese Jugendlichen | |
würden in Warteschleifen „geparkt“. Damit meint sie Praktika, | |
Einstiegsqualifizierungen, schulische oder berufsvorbereitenden Maßnahmen | |
der Bundesagentur für Arbeit. | |
Nach DGB-Berechnungen sind 76.000 dieser jungen Menschen trotz | |
„Warteschleife“ weiter an einem Ausbildungsplatz interessiert. Dabei hätten | |
es insbesondere Hauptschüler und Migrantenkinder schwer, so Sehrbrock. | |
15 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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