# taz.de -- Azubis in der Gastronomie: „Wir müssen Talente entdecken“ | |
> Viele Ausbildungsplätze in der Gastronomie bleiben unbesetzt. Den | |
> Bewerbern fehlen die Kompetenzen, sagt die Branchenvertreterin Sandra | |
> Warden. | |
Bild: Nicht jeder könne ausgebildet werden, findet Sandra Warden. | |
taz: Frau Warden, in außerbetrieblichen Projekten wie der „Kiezküche“ | |
lernen Jugendliche, die sonst nicht unterkommen, das Kochen und Kellnern. | |
Dabei bleiben im Gastgewerbe jedes Jahr besonders viele Lehrstellen frei, | |
auf 100 Plätze für Restaurantfachleute kommen nur 81 Bewerber. Wie passt | |
das zusammen? | |
Sandra Warden: Nicht besonders gut. Priorität sollte immer die Ausbildung | |
im Betrieb haben. Aber es stimmt: Wir tun uns zunehmend schwer, | |
Auszubildende zu finden. Wir müssen Talente entdecken und können nur die | |
ausbilden, die geeignet sind. | |
Und wer keinen Abschluss hat oder nur einen Hauptschulabschluss, der taugt | |
nicht für die Lehre? | |
Wir bilden in unserer Branche jedes Jahr 12.000 Hauptschüler aus und haben | |
etwa 1.000 Lehrlinge, die ganz ohne Abschluss zu uns kommen. Das kann also | |
durchaus funktionieren. Manche Jugendliche, die sich in der Schule | |
schwergetan haben, blühen ja im Betrieb regelrecht auf. Sie erkennen, dass | |
sie gebraucht werden und am Ende ihrer Arbeit zum Beispiel ein tolles | |
Gericht auf dem Tisch steht. Aber es muss eben auch realistisch sein, dass | |
die Jugendlichen nach drei Jahren Lehre ihre Abschlussprüfung schaffen. | |
Kann es nicht sein, dass die Betriebe zu anspruchsvoll sind? | |
Das ist eine fast philosophische Frage. Was darf man voraussetzen, was | |
nicht? Vielfach fehlen den jungen Leute heute einfach grundlegende | |
Kompetenzen, die gerade bei uns wichtig sind: Einem Gast gegenüber muss man | |
freundlich auftreten, ein Lehrling muss einigermaßen verlässlich sein und | |
kommunizieren können. Außerdem muss man zu Zeiten arbeiten, wo andere frei | |
haben, etwa abends oder am Wochenende. Wer Koch lernt, der lebt eben kein | |
Leben wie Tim Mälzer. | |
Im Ausbildungsreport, den der DGB vorige Woche präsentierte, landet Ihre | |
Branche ganz unten. Azubis klagen über Überstunden und schlechte Betreuung. | |
Hapert es vielleicht auch an der Ausbildungsreife der Betriebe? | |
Ich will nicht bestreiten, dass die Ausbildungsbedingungen in manchen | |
unserer Betriebe nicht immer optimal sind. Das hängt damit zusammen, dass | |
wir eine sehr kleinteilige Branche sind. 90 Prozent der Betriebe hat | |
weniger als vier Mitarbeiter. Dort gibt es eben keine | |
Ausbildungsabteilungen wie in großen Konzernen, die allein für die Sorgen | |
und Nöte der Azubis zuständig sind. Aber es gibt auch bei uns unglaublich | |
engagierte und sehr gute Ausbildungsbetriebe. | |
20 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
## TAGS | |
Ausbildungsplätze | |
Ausbildung | |
Auszubildende | |
Ausbildung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lage auf dem Lehrstellenmarkt: Betriebe und Azubis finden sich nicht | |
Das Ausbildungsjahr startet – und immer noch sind über 100.000 Lehrstellen | |
frei. Trotzdem gehen immer mehr Jugendliche leer aus. | |
Berufsbildungsbericht 2013: Bäckernotstand im Vollkornbrotland | |
Immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt, trotzdem gehen Bewerber leer aus. | |
Der Grund dafür sind Problembranchen und eine Nachfrage-Angebot-Unwucht. | |
Jeder vierte Azubi bricht ab: Lernen will gelernt sein | |
Die Abbrecherquote bei Lehrlingen liegt fast bei 25 Prozent. Während jeder | |
zweite Kellner hinschmeißt, ist die Quote bei Elektroniker und | |
Bankangestellten niedrig. | |
Lehrstellen für Jugendliche: Jahrelang im Übergang | |
Viele Jugendliche ohne Lehrstelle verlieren sich im Wirrwarr von | |
Übergangsmaßnahmen. Die Regierung wollte entrümpeln, doch bisher geschieht | |
wenig. | |
Arbeitsmarkt in Deutschland: Trotz Abi keine Ausbildung | |
Mehr als zwei Millionen der 20- bis 34-Jährigen sind ohne Berufsabschluss. | |
Doch nicht alle sind Schulabbrecher, sagt Forscher Günter Walden. | |
Schulabgänger ohne Lehrstelle: Lernen in der Parallelwelt | |
Die Arbeitsagenturen stecken Schulabgänger ohne Stelle gern in | |
Übergangsmaßnahmen. Die Kurse kosten Milliarden, einen Abschluss gibt es | |
oft nicht. |