| # taz.de -- Debütalbum von Savages: Gegen den Kommunikationsterror | |
| > Die Londoner Band Savages steht in der Tradition der zornigen Frauen des | |
| > Postpunk. Mit „Silence Yourself“ legen sie einen muskulösen Auftritt hin. | |
| Bild: Sind keine Bewahrerinnen der guten alten Zeit: Savages. | |
| Wenn eine frisch gehypte Band laut herausschreit, dass der allgegenwärtige | |
| Kommunikationsterror endlich verstummen soll, mag man das für hoffnungslos | |
| retro halten. Beim flüchtigen Anhören der Songs wird man den Verdacht auch | |
| nicht gleich wieder los. | |
| Doch man täte Savages, einer jungen britischen Frauenband, unrecht, wenn | |
| man ihre Forderung nach Handy-Verzicht auf Konzerten und ihre Weigerung, | |
| ausgiebige Fragen zu ihrer von Bands der Postpunk-Ära (1978–1981) geprägten | |
| Musik zu beantworten, miteinander in Zusammenhang brächte. Denn | |
| Fortschrittsgegner und Bewahrer einer „guten alten Zeit“ sind Savages | |
| nicht. Dem Quartett um die Sängerin Jehnny Beth geht es um mehr, als nur | |
| mit ihren Botschaften Gehör zu finden. | |
| Deutlich wird das, wenn man sich näher mit der britischen Band befasst. Auf | |
| ihrem Debütalbum „Silence Yourself“ ist ein Manifest enthalten, das auch | |
| als Spoken-Word-Intro einen Videoclip einleitete: „If the world would shut | |
| up even for a while, perhaps we would start hearing the distant rhythm of | |
| an angry young tune? Having deconstructed everything, we should be thinking | |
| about putting everything back together“. Die Songs entsprechen dann auch | |
| tatsächlich jenen angry young tunes, die das Manifest verspricht. | |
| ## Kein lamoryantes Selbstbedauern | |
| Auch wenn Post-Punk gerade in England in den nuller Jahren der wichtigste | |
| Einfluss diesseits elektronischer Musik auf neue Bands war, stellen Savages | |
| doch eine Singularität dar. Es liegt nicht nur daran, dass die Band aus | |
| Musikerinnen besteht. Ihr Sound streift die üblichen | |
| Postpunk-Referenzquellen von Gang of Four bis Joy Division nur. Er | |
| verzichtet auf epigonale Posen und larmoyantes Selbstbedauern. | |
| Vielmehr aktualisieren Savages die angry young women jener Ära. Sie | |
| erinnern an X-Ray Spex’ „Oh Bondage Up Yours!“, Poly Styrenes wütende | |
| Anklage der männerdominierten Gesellschaft. Oder an den düster-metallenen | |
| Gothicpunk von Siouxsie & The Banshees. | |
| Im Vergleich zur Debütsingle „Husbands“/„Flying To Berlin“ von 2012 wi… | |
| ihr Debüt aber von dem allzu minimalistischen Soundkleid gelöst. Nun haben | |
| sie zu einem erstaunlich muskulösen Auftritt gefunden – was „Silence | |
| Yourself“ als Ganzes aber nicht unbedingt zugutekommt. Denn die unablässige | |
| Gitarren- und Bass-Wucht überfährt einen regelrecht: Weniger wäre mehr | |
| gewesen. Andererseits unterstreicht dieser Ansatz nur noch einmal, wie | |
| dringlich es Savages eben ist. Sie möchten unbedingt gehört werden. | |
| LP „Silence Yourself“ (Matador/Beggars/Indigo) / Savages live: 17. Mai | |
| Berlin, Lido; 19. Mai Frankfurt/M., Zoom | |
| 16 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Ihle | |
| ## TAGS | |
| Postpunk | |
| James Blake | |
| Postpunk | |
| Konzert | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| James Blake live: Die volle Erfahrung irdischen Leidens | |
| Jungenhaft, aber nicht unschuldig: Das große Popgeheimnis James Blake gab | |
| sein einziges Deutschlandkonzert in Köln. Es wurde gekuschelt. | |
| Neue Postpunk-Alben: Katzengold für die Krise | |
| Wut, Nachdruck und Glanz: Bands wie Candelilla und Die Nerven beweisen mit | |
| zündenden Alben, dass in Sachen Postpunk noch einiges geht. | |
| Konzert Scritti Politti: Die Dissonanz ist beabsichtigt | |
| Lange litt die Waliser Band Scritti Politti unter Bühnenangst. Jetzt | |
| überzeugte sie beim Konzert in Berlin – vor einem behäbigen Publikum. | |
| Neue Dub-Alben: Punky Reggae Party mit House | |
| Die Alben von The Orb mit Lee Perry, Adrian Sherwood und Kings of Dubrock | |
| spielen mit der Dialektik von Kontinuität und Bruch. Sie schweben im | |
| „Hardcore Continuum“. |