| # taz.de -- Steuerhinterziehung in Großbritannien: Google in Erklärungsnot | |
| > In Großbritannien wächst die Wut auf Unternehmen, die legal Steuern | |
| > hinterziehen. Vor allem die US-Konzerne Google und Amazon geraten unter | |
| > Druck. | |
| Bild: Steuern wären in Großbritannien wohl auch als Päckchen willkommen. | |
| DUBLIN taz | Die Kontoführung seines Unternehmens sei zwar kompliziert, | |
| verstoße aber nicht gegen internationale Abkommen, beteuerte der | |
| Google-Vorstandsvorsitzende Eric Schmidt am Sonntag im britischen Observer. | |
| Er verstehe aber, warum Googles scheinbare Umgehung britischer Steuern | |
| kontrovers sei. „In Zeiten, in denen Familien den Gürtel enger schnallen | |
| müssen und die Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen unter Druck | |
| gerät, ist die Unternehmensteuer zu Recht ein heißes Thema“, schrieb | |
| Schmidt. | |
| Aber, so fügte er hinzu, Google tue ja etwas für die britische Wirtschaft. | |
| Man baue zum Beispiel ein elfstöckiges Bürogebäude im Herzen Londons. | |
| Dadurch entstünden Jobs, die zu einem Wirtschaftswachstum und letztendlich | |
| zu höheren Steuereinnahmen führen, meint Schmidt. Sein | |
| Rechtfertigungsversuch kam drei Tage nach dem Auftritt des | |
| Google-Vizepräsidenten Matt Brittin vor dem britischen Haushaltsausschuss. | |
| Margaret Hodge, die Ausschussleiterin, fragte Brittin, ob er bei seiner | |
| Aussage vom vergangenen November bleibe, dass Google von London aus keine | |
| Anzeigenakquise bei britischen Kunden betreibe. Die Nachrichtenagentur | |
| Reuters hatte nämlich in der Zwischenzeit aufgedeckt, dass bei Google in | |
| London durchaus Verkaufsmitarbeiter arbeiten und deshalb eigentlich höhere | |
| Steuern fällig gewesen wären. Der Konzern hat im vergangenen Jahr 3,2 | |
| Milliarden Pfund Umsatz in Großbritannien gemacht, aber nur 3,4 Millionen | |
| Pfund Steuern bezahlt. | |
| Die Verkaufsmitarbeiter hätten keine Abschlüsse vorgenommen, beteuerte | |
| Brittin. Offiziell sind die Geschäfte mit dem Hauptsitz im Steuerparadies | |
| Irland getätigt worden, wo man nur 12,5 Prozent Körperschaftsteuer zahlen | |
| muss – und das auch nur theoretisch. In Wahrheit fließt der Großteil des | |
| Profits auf die Cayman-Inseln, so dass Google auch in Irland kaum Steuern | |
| zahlt. Margaret Hodge bezeichnete Google als „unaufrichtig und unethisch“. | |
| Brittin beteuerte, er sei sich sicher, dass sein Unternehmen gegen keine | |
| Gesetze verstoßen habe. | |
| ## Nur 2,4 Millionen Pfund Steuern | |
| Das stimmt wohl. Google nutzt weltweit jede Gesetzeslücke. So machen es | |
| andere multinationale Unternehmen auch. Ob Topshop, Vodafone, Goldman Sachs | |
| oder Boots – Steuern zahlen ist verpönt. Zwischen 1999 und 2011 ist der | |
| Profit multinationaler Konzerne in Großbritannien um 58 Prozent gestiegen, | |
| die Steuereinnahmen gingen im selben Zeitraum aber nur um 5 Prozent hoch. | |
| Besonders dreist nutzt Amazon die Schlupflöcher aus. Der Versandmulti hat | |
| ein riesiges Lager in Rugeley in Staffordshire. Dort verpacken britische | |
| Arbeiter Waren, die britische Kunden auf der britischen | |
| Amazon-Internetseite bestellt haben. Doch Amazon zahlt in Großbritannien | |
| weniger Steuern als sein eigenes Reinigungspersonal. Die Firma existiert | |
| offiziell nur in Luxemburg. | |
| Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass Amazon voriges Jahr 4,2 Milliarden | |
| Umsatz gemacht, aber nur 2,4 Millionen Pfund Steuern in Großbritannien | |
| bezahlt hat. Und nicht nur das: Gleichzeitig kassierte das Unternehmen von | |
| der britischen Regierung 2,5 Millionen Pfund Zuschüsse, die eigentlich zur | |
| Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen vorgesehen sind. Amazon tut | |
| genau das Gegenteil: Für jeden Job, den der Multi schafft, geht mehr als | |
| ein Job im Einzelhandel verloren. | |
| „Wir haben keine Politiker, die den Unternehmen Paroli bieten“, sagt | |
| Richard Murphy, ein vereidigter Buchprüfer und Gründer des „Netzwerks für | |
| Steuergerechtigkeit“. „Und wenn der Staat nicht für sein Recht eintritt, | |
| große Unternehmen zu besteuern, stecken wir tief in der Klemme.“ | |
| 21 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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