# taz.de -- Unruhen in Tunesien: 200 Salafisten festgenommen | |
> Tunesiens Regierung wirft der Ansar al-Scharia Verbindungen zum | |
> Terrorismus vor. Zuvor hatte sie einen Kongress der radikalen Islamisten | |
> verboten. | |
Bild: Auseinandersetzungen in einem Vorort von Tunis | |
MADRID taz | Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der | |
salafistischen Gruppe Ansar al-Scharia und Sicherheitskräften am Sonntag | |
sind in Tunesien offiziellen Angaben zufolge 200 mutmaßliche radikale | |
Islamisten festgenommen worden. Unter ihnen soll sich auch der Sprecher von | |
Ansar al-Scharia, Seifeddine Rais, befinden. Zuvor hatte Regierungschef Ali | |
Larayedh der Organisation erstmals Verbindungen zum Terrorismus | |
vorgeworfen. Bei den Zusammenstößen wurde mindestens eine Person getötet | |
und 18 verletzt, darunter 15 Polizisten. | |
Anlass der Unruhen war der Aufruf von Ansar al-Scharia zu ihrem | |
Jahrestreffen nach Kairouan. Am Freitag verbot die Regierung der | |
islamistischen Ennahda den Kongress. 11.000 Polizisten und Soldaten waren | |
in Kairouan im Einsatz, um den Beschluss des Innenministeriums umzusetzen. | |
Ansar al-Scharia reagierte mit einer Mobilisierung nach | |
Intilaka/Ettadhamen, einem der armen Vororte der Hauptstadt Tunis. Auch | |
dort zog die Polizei auf. Hunderte von Anhängern der salafistischen Gruppe | |
Ansar al-Scharia griffen Polizisten und Soldaten mit Steinen, Knüppeln und | |
Brandsätzen an. Auch aus Ben Gardane an der Grenze zu Libyen wurden | |
Zwischenfälle vermeldet. | |
In Tunesien ist Ansar al-Scharia die größte salafistische Gruppe. Sie | |
entstand nach der Revolution im Januar 2011. Nach eigenen Angaben zählt die | |
Organisation 40.000 Mitglieder. Immer wieder macht sie durch gewalttätige | |
Übergriffe auf Veranstaltungen säkularer Parteien, Konzerte und | |
Kunstausstellungen von sich reden. | |
Ihr Anführer Saif Allah bin Hussein – genannt Abu Iyadh – befindet sich | |
seit einem Überfall auf die US-Botschaft in Tunis im September 2012 auf der | |
Flucht. Der ehemalige Afghanistankämpfer droht der Regierung immer wieder | |
aus dem Untergrund. „An die Tyrannen, die glauben Islamisten zu sein“ – so | |
richtete sich Abu Iyadh anlässlich des Kongressverbots an die regierende | |
islamistische Ennahda. | |
## Regierung geht jetzt härter gegen Salafisten vor | |
„Ansar al-Scharia ist eine illegale Organisation, die die Autorität des | |
Staates provoziert“, rechtfertigte Regierungschef Larayedh das Verbot und | |
den Polizeieinsatz. Mehrere tunesische Nachrichtenseiten im Netz wurden | |
nicht müde, Larayedh daran zu erinnern, dass er es war, der die Salafisten | |
mit seiner Politik ermutigte. | |
Vor seiner Ernennung zum Regierungschef war der gemäßigte Islamist | |
Innenminister. Ansar al-Scharia konnte zu dieser Zeit auf die Untätigkeit | |
der Regierung setzen. Verhaftete wurden schnell wieder auf freien Fuß | |
gesetzt. Der Ennahda-Vorsitzende Rachid Ghannouchi traf sich mit der | |
Führungsriege der Salafisten und versicherte ihnen, ebenfalls für das Ziel | |
der Islamisierung Tunesiens einzutreten. | |
Ein zaghafter Richtungswechsel setzte erst ein, als der bekannte | |
Oppositionspolitiker Chokri Belaïd [1][im Februar erschossen wurde] und | |
kurz darauf eine Terrorzelle in den Bergen an der Grenze zu Algerien den | |
Kampf aufnahm. Anfang Mai wurde unweit von Tunis ein Polizeibeamter | |
enthauptet. Ansar al-Scharia stehe mit den Terroristen, die zu Al-Qaida im | |
islamischen Maghreb (AQMI) gehören sollen, in Kontakt, so Larayedh. | |
21 May 2013 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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