| # taz.de -- 150 Jahre SPD: Stolz und zufrieden feiern | |
| > Mit Prominenz und guten Vorsätzen feiert die SPD ihren Geburtstag. | |
| > Hollande hält eine Festrede, Gauck ist voll des Lobes. Die beste Rede ist | |
| > vom Chef selbst. | |
| Bild: Hollande hält in Leipzig eine Festrede. | |
| LEIPZIG taz | Am Schkeuditzer Kreuz kommen sie von hinten. Ein lässiges | |
| Links-Blinken, dann prescht die Sozi-Prominenz in BMW-Limousinen vorbei. | |
| Ihr Ziel: Leipzig, Gewandhaus, 150-Jahr-Feier der Sozialdemokratischen | |
| Partei Deutschlands. | |
| Zwei Tage lang feiert die SPD die Gründung ihres Vorläufers, des | |
| Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, im Jahr 1863. Reden werden gehalten, | |
| Lieder gesungen, Empfänge gegeben. Ein gefälliger Termin in diesem | |
| Wahlkampfjahr. Der Gastgeber heißt Sigmar Gabriel, seit dreieinhalb Jahren | |
| erfolgreicher wenn auch ungeliebter Parteichef. | |
| Draußen vor dem Gewandhaus am Augustusplatz stehen die Bürger noch hinter | |
| Absperrungen. Drinnen, im großen Saal mit seinen 1.600 Plätzen, sitzen | |
| Genossinnen und Genossen, Vertreter aus Partei und Fraktion sowie | |
| Abgesandte sozialistischer Parteien aus achtzig Nationen. Die | |
| Bundeskanzlerin ist zum Festakt gekommen, der Bundespräsident, | |
| EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Und François Hollande. | |
| Dass Frankreichs sozialistischer Präsident in Leipzig eine Festrede hält, | |
| darf als starkes Zeichen gewertet werden für die Einigungsbemühungen der | |
| europäischen Sozialdemokratie in der globalen Krise. Er lobt denn auch die | |
| Fähigkeit der deutschen Sozialdemokraten, Kompromisse zu schließen und sich | |
| der Realität zu stellen. Als Beispiel nennt er die Schröder’sche Agenda | |
| 2010. Nun müsse man „mit der gleichen Entschlossenheit der Schaffung von | |
| Arbeitsplätzen Priorität einräumen, damit wir den Jugendlichen in Europa | |
| neue Hoffnung geben“. | |
| ## Lob von Gauck | |
| Auch der Bundespräsident lobt den Reformwillen der deutschen | |
| Sozialdemokraten. Der SPD „verdanken wir die ersten Arbeitsschutzgesetze | |
| und das Frauenwahlrecht“, sagt Joachim Gauck. Die Weimarer Republik hätte | |
| es nicht gegeben ohne den Mut der Sozialdemokraten, sich für die | |
| Zusammenarbeit mit den gemäßigten Kräften der bürgerlichen Mitte | |
| einzusetzen. | |
| „Sie haben diese Demokratie länger und tapferer verteidigt als die meisten | |
| anderen Demokraten“, lobt er ihren Widerstand gegen den Aufstieg der Nazis. | |
| An alle Parteien richtet sich sein Hinweis, Protestbewegungen nicht länger | |
| als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu begreifen. Außerparlamentarische | |
| Bewegungen seien zwar radikaler als die Volksparteien. Ihr Erstarken zeige | |
| jedoch den Willen vieler Bürger zur Mitsprache. | |
| Die beste Rede hält schließlich der Chef selbst. Die SPD bilde die | |
| „demokratische Konstante der deutschen Demokratie“, sagt Gabriel. Seit 150 | |
| Jahren sei es Aufgabe seiner Partei, „Bedingungen dafür zu schaffen, dass | |
| jeder Mensch die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben hat“. Er betont die | |
| Rolle Europas, das ein großartiges Projekt sei, aber mittlerweile für | |
| Millionen Menschen „nicht mehr Hoffnung, sondern Hoffnungslosigkeit“ | |
| bedeute. Europa brauche einen „neuen Anlauf“. | |
| Stolz und zufrieden ist Gabriel. Noch tags zuvor war er von der | |
| Sozialistischen Internationale heftig kritisiert worden für die pompöse | |
| Neugründung der Progressive Alliance. Heute aber ist der Festtag der | |
| deutschen Sozialdemokratie. Der Parteichef hatte nach dem Ende der großen | |
| Koalition 2009 eine zutiefst zerstrittene SPD übernommen. Kaum einer hätte | |
| „Siggi Pop“ zugetraut, den Laden zu befrieden. Sollte es am 22. September | |
| für Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nicht für Rot-Grün reichen, werden sich | |
| manche an Gabriels Integrationsleistung erinnern. | |
| 23 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
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