| # taz.de -- Beyoncé in Berlin: Inszeniert zur Allmächtigen | |
| > Sie ist es. Die größte Popdiva unserer Tage. Das stellt Beyoncé beim | |
| > ersten ihrer zwei Berlin-Konzerte eindrucksvoll unter Beweis. | |
| Bild: Groß. Mit Goldregen. Beyoncé. | |
| BERLIN taz | Ist sie wieder schwanger?“ Die Frage wandert halbironisch | |
| durch den Journalistenblock. Ironisch, weil wir uns im besten Fall mit | |
| wichtigeren Dingen befassen als dem Reproduktionsrhythmus von | |
| R&B-Sängerinnen. | |
| Aber zugleich ernsthaft, weil die Beyoncé-Story – zumindest jene privaten | |
| Details, die die Sängerin in Eigenregie publiziert, etwa im | |
| HBO-Dokumentarfilm „Life Is But A Dream“ – unauflöslich verbunden sind m… | |
| Musik, Performance und künstlerischer Identität der 31-jährigen Sängerin. | |
| So darf das Publikum, bevor das erste von zwei ausverkauften Konzerten am | |
| Donnerstagabend in der Berliner O2 Arena losgeht, drei Werbefilme über sich | |
| ergehen lassen, in denen die jeweils beworbenen Produkte eher zum | |
| nebensächlichen Gimmick verkommen, denn Beyoncé ist alles: Beyoncé singt | |
| den Evergreen „Fever“ im roten Satinkleid für ihr Parfum „Heat“. | |
| Beyoncé räkelt sich im Sand für ihre Bikinikollektion bei H&M. Beyoncé | |
| begegnet drei Beyoncés aus der Vergangenheit und zerschmettert sie alle, um | |
| anschließend mit einem Schluck Pepsi die Gegenwart zu zelebrieren. | |
| ## Viele Kaninchen im Zylinder | |
| Endlich: „Who run the world? Girls!“, ertönt es. Es ist kaum zu fassen, wie | |
| sehr sich Beyoncé plus rund zehn Tänzerinnen, allesamt in weißem | |
| Glitzerfummel arschwackelnd, schon beim ersten Song verausgaben. Daran | |
| lässt sich aber auch ermessen, wie viele Kaninchen noch im Zylinder der | |
| Show stecken: viel zu viele. | |
| Mit der Mission zur Überforderung lässt es die vielleicht größte Popdiva | |
| unserer Zeit in Begleitung einer ausschließlich weiblichen Live-Band (The | |
| Sugar Mamas) gute 100 Minuten lang krachen. Alle technischen Möglichkeiten | |
| werden so weit ausgereizt, dass das ebenfalls Pailletten-besetzte Publikum | |
| nicht anders kann, als sich von der denkbar unglamourösen Mainacht draußen | |
| am Ostbahnhof loszulösen und im Sog einer maßlosen Reizüberflutung verloren | |
| zu gehen. | |
| Es flackern Leinwandprojektionen von bunten Frauensilhouetten. Ein | |
| Lichtstrahlenkranz dreht sich im Raum. Beyoncé schwingt sich an einem Seil | |
| ins Zentrum der Arena und wieder zurück auf die Bühne. Riesige Federfächer | |
| kreisen um die Sängerin. Und: es regnet Goldstaub, natürlich. Die Show ist | |
| ein Augenfick vom härtesten. Fast erholsam wirken da die verschnörkelten | |
| Filmeinspieler in Barockstil, während der Umziehpausen. Gehauchte Monologe | |
| über das majestätische Dasein als „Queen B“ (sie trägt in allen Clips ei… | |
| Krone), Begleiterscheinungen wie Selbstzweifel und den Suchtfaktor von | |
| Macht verschwurbeln das Gehirn, bis der Bass wieder einsetzt. | |
| ## Und jetzt Ehefrauenexistenz? | |
| Die Inszenierung zur Allmächtigen mit Selbstermächtigungssongs wie „Single | |
| Ladies“ ist heute aber nicht ganz unproblematisch. Denn Beyoncés | |
| Welttournee ist als „The Mrs. Carter Show“ betitelt. Wie jetzt? Die | |
| „Independent Woman“ geht neuerdings mit ihrer Ehefrauenexistenz hausieren? | |
| Dass Beyoncé glücklich mit Rapper Jay-Z verheiratet ist, das weiß jedes | |
| Kind. Ihre Neuauslegung eines zeitgemäßen Feminismus muss allerdings noch | |
| eindringlich reflektiert werden. | |
| „Grown Woman“ heißt ein vorab veröffentlichter Song aus dem fünften Albu… | |
| dessen Erscheinen noch hinausgezögert wird. Das Afrobeat-Stück wird mit | |
| Projektionen von Giraffen, Elefanten und einer in Leoparden-Overall | |
| camouflierten Beyoncé auf allen Vieren bebildert. Afrozentrismus wie aus | |
| dem Bilderbuch. Danach gibt es Filmchen von Töchterchen Ivy Blue, zu denen | |
| eine gesamte Arena zu kreischen beginnt. | |
| Mit einem Medley aus Whitney Houstons „I Will Always Love You“ und ihrem | |
| Hit „Halo“ schließt Beyoncé. Ihr mächtiges Organ füllt den Raum, ebenso… | |
| ihre extrem-weibliche Leidenschaft. Allein steht sie da, sie braucht keinen | |
| männlichen Statisten für solche Szenen. Ihre Botschaft scheint klar: eine | |
| erfolgreiche Frau ist eine liebende Frau. Oder so ähnlich. | |
| 24 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Fatma Aydemir | |
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