Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Asyl in Tschechien: Flüchtlingskrimi am Prager Flughafen
> Der Versuch, die widerrechtliche Abschiebung eines russischen
> Geschäftsmannes zu verhindern, scheiterte. Seitdem fehlt von ihm jede
> Spur
Bild: Schleimen in Moskau: Tschechiens Premier Petr Necas (l.) zu Besuch bei se…
PRAG taz | Die Szene, die sich um die Mittagszeit des 2. Mai am Prager
Václav-Havel-Flughafen abgespielte, muss einem Actionfilm geglichen haben.
In letzter Minute versuchte der Finanzminister und als solches der
Flughafenherr Miroslav Kalousek zusammen mit seinem Partei- und
Regierungskollegen, Außenminister Karel Schwarzenberg, die Auslieferung des
russischen Geschäftsmannes Alexei Torubarows zu stoppen. Denn das
Asylverfahren war noch nicht beendet, als Justizminister Pavel Blázek
diesen Schritt besiegelt hatte.
Zudem gibt es ernsthafte Sorgen um die Sicherheit Torubarows. Er hatte sich
als Restaurantbesitzer im heimischen Wolgograd mit dem Geheimdienst FSB und
der Mafia angelegt, indem er gegen Korruption und Schutzgelderpressungen zu
Felde zog. In Tschechien hatte Torubarow um Asyl ersucht, weil hier seine
Frau und sein Sohn leben.
Während Außenminister Schwarzenberg noch am 2. Mai glaubte, das
Auslieferungsverfahren gestoppt zu haben, wurde Torubarow von der
tschechischen Fremdenpolizei an die Russen übergeben. Als der Fehler
bekannt wurde und der Flieger mit Torubarow sich schon in Richtung Flugbahn
bewegte, griff Kalousek zu unorthodoxen Mitteln: Er wies die
Flughafenarbeiter an, die Abflugbahn mit einem Tanklaster zu blockieren.
„In der Regierung wusste man, dass sie Torubarow zum Tode verurteilen, wenn
sie seine Auslieferung nach Russland zulassen“, zitiert die Tageszeitung
Lidové noviny eine regierungsnahe Quelle. Nachdem die Situation, wie Zeugen
berichten, weiter eskalierte, weil die Russen Torubarow partout nicht
aushändigen wollten – es heißt, es wäre fast zu einer Schießerei gekommen
–, gaben die Tschechen schließlich nach.
## Asyl für russischen Popen
Mit zweieinhalbstündiger Verspätung entschwand Torubarow mit dem
Aeroflotflug SU 2013 Richtung Moskau. Seitdem fehlt von dem Unternehmer
jede Spur. Seine Frau befindet sich in Prag in psychiatrischer Behandlung.
Mehr Glück bei seinem Asylantrag in Tschechien hatte der russische Pope
Sergei Baranow. Der Geistliche wurde in seiner Heimat verfolgt, nachdem er
sich für die inhaftierten Mitglieder der Punkband Pussy Riot eingesetzt
hatte.
In Tschechien, wo Russland als der vielversprechendste Exportmarkt gilt,
befürchten manche nun, das Asyl für den streitbaren Popen könne den Erfolg
der Mission von Premier Petr Necas beeinträchtigen. Der biedert sich gerade
in Russland bei seinem Amtskollegen Dmitri Medwedjew an und lässt sich von
diesem Milliarden für den Zuschlag für russische Firmen beim geplanten
Ausbau des AKW Temelín versprechen.
Vorsichtshalber ging Necas in die Defensive: man dürfe aus Pussy Riot keine
falschen Götzen machen, erklärte er vor russischen Journalisten.
28 May 2013
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
## TAGS
Tschechien
Asyl
Russland
Petr Necas
Asylsuchende
Tschechien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tschechiens Regierung zerbricht: Rosenkrieg bringt Premier zu Fall
Petr Necas tritt zurück. Hauptgrund: Die Büroleiterin des tschechischen
Regierungschefs – mit der er liiert ist – hat seine Ehefrau bespitzelt. Wie
es weitergeht, ist unklar.
EU einigt sich auf neues Asylrecht: Neue Standards, alte Verfahren
Nach 15 Jahren Verhandlungen hat die EU nun das Asylrecht vereinheitlicht.
Auf Druck von CSU-Minister Friedrich bleibt aber das umstrittene
„Flughafenverfahren“.
Ende einer Ära in Tschechien: Václav Klaus macht das Licht aus
24 Jahre hat der Liberale die Politik mitgeprägt. Beobachter ziehen eine
kritische Bilanz seines Wirkens. Jetzt wird Klaus auch noch wegen
Hochverrat angeklagt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.